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St John Paul II's 1st Apostolic Visit to Germany

15th - 19th November 1980

Papst Heilige Johannes Paul II was a pilgrim to West Germany for the first time in 1980 on his eighth apostolic journey, during which he visited Bonn, Cologne, Osnabrück, Mainz, Fulda, Altötting and Munich.

Pope St John Paul II's itinerary included the following:
Feast day of St Albert the Great, 15th November: Welcome ceremony to the Federal Republic of Germany, Holy Mass in Cologne, Meeting with the President and other authorities, Greetings to the people of Bonn, Meeting with the Kolping Community in the Church of the Friar Minors, Prayer before the tomb of St Albert in St Andrew's Church & a Meeting with scientists and students in Cologne Cathedral
16th November: Holy Mass in Osnabrück followed by the recitation of the Angelus, Meeting with ecclesial organizations in Mainz, Holy Mass with German workers and Meeting with Polish immigrants in Mainz
17th November: Meeting with the Council of the Evangelical Church, with Representatives of the Christian Confessions, with the Representatives of the Jewish community and with Foreign immigrant workers in Mainz and Holy Mass for the priests and seminarians in Fulda
18th November: Speech at the Episcopal Conference of Germany and Meeting with lay people and with Central Committee of German Catholics in Fulda, Holy Mass in Fulda, Holy Mass in the Gnadenkapelle, Altötting, Prayer to Our Lady of Grace in Altötting and a Meeting with Theology Professors
19th November: Holy Mass with young people in Munich, Meeting with the elderly and with Artists andJjournalists in Munich, and on departure from the Federal Republic of Germany

Ankunft von Papst Johannes Paul II in Deutschland
Flughafen Köln-Bonn, 15. November 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"1. Mit tiefer innerer Bewegung und Dank gegenüber der göttlichen Vorsehung, die mich in unergründlichem Ratschluß auf den Stuhl Petri berufen hat, betrete ich heute deutschen Boden, dessen Volk und Land ich schon durch frühere Besuche persönlich kennen- und schätzen gelernt habe.

Ihnen, sehr verehrter Herr Bundespräsident, danke ich aufrichtig für die ehrenvollen Worte der Begrüßung und erwidere Ihnen von Herzen den Ausdruck hoher Wertschätzung, mit dem Sie mich im Namen Ihres Volkes zu meinem Besuch in der Bundesrepublik Deutschland willkommen heißen. Zugleich grüße ich mit Ihnen die anwesenden Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft, das hier vertretene Diplomatische Korps sowie alle Bürger in Ihrem Land. Mein brüderlicher Gruß gilt insbesondere den kirchlichen Vertretern, vor allem dem so geschätzten hochwürdigsten Herrn Kardinal Joseph Höffner, in dem ich allen Hirten und Gläubigen der katholischen Kirche in Deutschland meine innige Verbundenheit, meine Zuneigung und Liebe bekunde.

2. Mit Freude habe ich der freundlichen Einladung der Deutschen Bischofskonferenz und des Herrn Bundespräsidenten zu diesem Besuch der Bundesrepublik Deutschland entsprochen. Wie ich schon in dessen Ankündigung am 10. August dieses Jahres hervorgehoben habe, möchte ich durch meine Pilgerreise in Ihr Land die gesamte große deutsche Nation ehren, deren Geschichte auf so enge Weise mit der Geschichte des Christentums und der Kirche verbunden ist und zutiefst von der christlichen Tradition geprägt wurde. Im Laufe der Jahrhunderte haben viele deutsche Männer und Frauen durch das Beispiel der Heiligkeit, durch Genialität im Bereich der Kunst und Wissenschaft, insbesondere auch durch tiefgründige philosophische Reflexion und theologische Forschung einen wertvollen Beitrag zum geistigen und kulturellen Erbe der Kirche und der ganzen Menschheit geleistet.

Gerade am heutigen Tage gedenken wir mit der Kirche in aller Welt eines solch hervorragenden Sohnes Ihres Landes, der sich sogar den ehrenvollen Beinamen "der Große" verdient hat, des heiligen Albertus Magnus, dessen 700. Todestag wir in diesem Jahr feierlich begehen. Seinem ehrwürdigen Grab und dem Ort seines letzten unermüdlichen Wirkens meine besondere Verehrung zu bezeugen ist bekanntlich der äußere Anlaß meiner jetzigen Pilgerreise. In ihm ehre ich zugleich den Genius des deutschen Volkes, ehre ich vor allem die katholische Kirche dieses Landes, die wie in der Vergangenheit bis unsere Tage ein hochangesehenes und lebendiges Glied der Weltkirche geblieben ist. Ihr inspirierender geistiger Einfluß wirkt auch heute, nicht zuletzt durch die maßgebliche Mitwirkung deutscher Oberhirten und Theologen bei den Beratungen und Beschlüssen des II. Vatikanischen Konzils, weit über die Grenzen dieses Landes in das Leben der Kirche hinein.

Das Verantwortungsbewußtsein der deutschen Katholiken über ihre Ortskirche hinaus findet einen konkreten Ausdruck unter anderem in den bekannten großen Bischöflichen Hilfswerken, im opferbereiten Einsatz für die Mission und in karitativen Aktionen für hilfsbedürftige Mitmenschen in aller Welt. Deshalb will dieser mein Besuch, in Anschluß an meine voraufgehenden drei großen apostolischen Reisen in Länder der Dritten Welt (Mexiko, Afrika, Brasilien), auch ein Ausdruck der Anerkennung und des Dankes dafür sein, daß sich die Kirche und insgesamt die Bürger Ihres Landes im Geist weltweiter brüderlicher Solidarität mit der notleidenden Bevölkerung jener von Hunger und Krankheit, von Naturkatastrophen und menschlichem Unvermögen gezeichneten Regionen in dieser Weise verbunden fühlen und ihnen hochherzig Hilfe und Beistand leisten.

3. Wie aber schon der genannte äußere Anlaß meines Besuches unterstreicht, hat auch meine apostolische Reise in die Bundesrepublik Deutschland - wie alle bisherigen - einen ausschließlich pastoralen und religiösen Charakter. Sie gilt ohne Ausnahme allen Menschen in diesem Land, zu denen ich im Namen Jesu Christi als ihr Freund und Bruder kommen darf; in einer besonderen Weise aber gilt sie meinen Glaubensbrüdern und -schwestern: den Oberhirten, Priestern, Ordensleuten und Laien in ihren vielfältigen Lebens- und Wirkungsbereichen, denen ich allen während meines fünftägigen Besuches an den verschiedenen Orten im einzelnen zu begegnen hoffe. Es drängt mich, zugleich von Herzen alle getrennten Glaubensbrüder zu grüßen. Ich freue mich über die vorgesehene persönliche Begegnung mit den maßgeblichen Vertretern ihrer Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. Gebe Gott, daß diese meine Pilgerreise über die konfessionellen Grenzen hinaus zu einer größeren gegenseitigen Verständigung und Annäherung unter allen Christen beitragen und das friedliche Zusammenleben aller Menschen in diesem Lande fördern möge.

Ich bin in die Bundesrepublik Deutschland gerade in dem Jahr gekommen, in welchem unsere evangelischen Brüder und Schwestern das Gedächtnis an die vor 450 Jahren verkündete Confessio Augustana gefeiert haben. Ich darf ihnen sagen, daß es mir ein besonderes Anliegen war, gerade jetzt bei ihnen zu sein. Möge hier, wo die Reformation ihren Anfang nahm, auch das Bemühen sich verdoppeln, in Treue zum einzigen Herrn der Kirche und seiner Botschaft alles Menschenmögliche zu tun, damit sein Herzenswunsch und sein Gebet sich erfüllen: "Laß alle eins sein".

4. Durch den mir vom Herrn anvertrauten Auftrag weiß ich mich insbesondere zu den Brüdern und Schwestern in der katholischen Kirche dieses Landes gesandt, um sie in ihrem Glauben und in ihrem Zeugnis für den gekreuzigten und auferstandenen Christus in der Welt von heute zu bestärken und sie zu ermutigen, angesichts der wachsenden Herausforderung einer religiös gleichgültigen Umwelt ihrer christlichen Berufung und Verantwortung für eine immer menschenwürdigere Gestaltung von Familie, Beruf und Gesellschaft um so entschlossener und mutiger zu entsprechen.

Durch meine heutige Pilgerreise erwidere ich gleichsam den Besuch, den mir die deutschen Katholiken in den beiden ersten Jahren meines Pontifikates schon in so großer Zahl bei den wöchentlichen Generalaudienzen im Vatikan abgestattet haben. Wenn ich auch aus zeitlichen Gründen nur einige bedeutende Orte aufsuchen kann, so lade ich doch alle Gläubigen und Gemeinden, besonders jene Brüder und Schwestern, die durch Krankheit und andere Umstände an der persönlichen Teilnahme gehindert sind, herzlich ein, sich durch ihr Gebet und Opfer mit der großen betenden Gemeinde bei den Gottesdiensten der kommenden Tage geistig zu vereinen.

Möge durch unser gemeinsames Gotteslob, in dem wir zutiefst uns als Kirche erleben und sie in lebendiger Gemeinschaft verwirklichen, diese denkwürdige Begegnung des Nachfolgers Petri mit dem Gottesvolk in der Bundesrepublik Deutschland für alle zu Tagen der Gnade und der religiösen Erneuerung werden. Der heilige Albert der Große erbitte uns dafür Gottes Beistand und Segen!

Ihnen, sehr verehrter Herr Bundespräsident, und allen, die mich zusammen mit Ihnen durch ihre Anwesenheit beehren, danke ich noch einmal aufrichtig für den freundlichen Empfang und die mir hierdurch gewährte herzliche Gastfreundschaft in Ihrem Land für meinen nun beginnenden Pastoralbesuch.

Gott segne alle Deutschen in der Welt!
Gott beschütze die Bundesrepublik Deutschland!"

Predigt von Papst Heilige Johannes Paul II
Köln, 15. November 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"1. ”Das Himmelreich ist gleich einem Netz...“.

Erlaubt mir, verehrter Oberhirt der altehrwürdigen Kirche von Köln, verehrte Mitbrüder, Kardinäle und Bischöfe, erlaubt mir, ihr alle, liebe Brüder und Schwestern, daß ich in dieser Eucharistiefeier die Bedeutung unserer außergewönlichen Begegnung am heutigen Tag mit Hilfe dieses Gleichnisses zu erläutern versuche, mit Hilfe der Worte Christi, der das Reich Gottes immer wieder durch Gleichnisse erklärt hat. Mit ihrer Hilfe verkündete er die Anwesenheit dieses Reiches mitten in der Welt.

Auch wir müssen uns in dieser Dimension begegnen. Das ist gewissermaßen die wesentliche Voraussetzung des heutigen Besuches des Nachfolgers des Apostels Petrus auf dem Bischofssitz von Rom bei eurer Kirche in Deutschland, bei euch hier in Köln, die ihr die Kirche Gottes darstellt, wie sie sich seit vielen Jahrhunderten um die römische ”Colonia Agrippina“ herausgebildet hat. Das herausragende Zeichen dieser Kirche ist bis heute ihr herrlicher Dom, dessen geistige Bedeutung euch beim diesjährigen Jubiläum wieder neu bewußt geworden ist: machtvoll kündet er vom Reich Gottes mitten unter uns.

Wir, die jetzt die Kirche Christi auf Erden bilden, auf diesem Stück deutscher Erde, müssen uns in der Dimension der Wahrheit vom Reich Gottes begegnen: Christus ist gekommen, um dieses Reich zu offenbaren und es auf dieser Erde einzuleiten, an jedem Ort der Erde, in den Menschen und zwischen den Menschen.

Dieses Reich Gottes ist mitten unter uns, so wie es in allen Generationen eurer Väter und Vorfahren gewesen ist. Wie sie bitten aber auch wir im ”Vater unser“ noch jeden Tag:”Dein Reich komme“.

Diese Worte bezeugen, daß das Reich Gottes immer vor uns liegt, daß wir ihm entgegengehen und dafür heranreifen inmitten der verschlungenen Wege, ja manchmal sogar der Irrwege unserer irdischen Existenz. Wir bezeugen mit diesen Worten, daß das Reich Gottes sich ständig verwirklicht und herannaht, auch wenn wir es so oft aus den Augen verlieren und seine vom Evangelium bestimmte Gestalt nicht mehr wahrnehmen. Es scheint oft, als ob die einzige und ausschließliche Dimension unserer Existenz ”diese Welt“ sei: ”das Reich dieser Welt“ mit seiner sichtbaren Gestalt, seinem atemberaubenden Fortschritt in Wissenschaft und Technik, in Kultur und Wirtschaft... atemberaubend und oft auch besorgniserregend! Wenn wir jedoch jeden Tag oder wenigstens dann und wann zum Beten niederknien, sprechen wir inmitten dieser Lebensumstände immer wieder dieselben Worte: ”Dein Reich komme“.

Liebe Brüder und Schwestern! Diese Stunden, in denen wir uns hier begegnen, die Zeit, die ich dank eurer Einladung und eurer Gastfreundschaft unter euch verbringen darf, ist die Zeit des Reiches Gottes: des Reiches, das schon ”da ist“ und zugleich jenes, das noch”kommt“. Darum müssen wir alles Wesentliche, was zu diesem Besuch gehört, mit Hilfe dieses Gleichnisses deuten, das wir im heutigen Evangelium hören: ”Das Himmelreich gleicht...“.

2. Wem gleicht es?

Nach den Worten Jesu, wie sie uns die vier Evangelisten überliefert haben, wird dieses Reich durch vielerlei Gleichnisse und Vergleiche erklärt. Der Vergleich von heute ist einer von vielen. Er erscheint uns besonders eng mit jener Arbeit verbunden, welche die Apostel Christi, darunter auch Petrus, sowie viele seiner Zuhörer am Ufer des Sees von Genesaret verrichteten. Christus sagt, das Himmelreich gleiche ”einem Netz, das man ins Meer warf, um Fische aller Art zu fangen!“. Diese einfachen Worte verändern völlig das Bild unserer Menschenwelt, wie wir es uns durch Erfahrung und Wissenschaft formen. Erfahrung und Wissenschaft können ja nicht jene Grenzen der ”Welt“ und der menschlichen Existenz in ihr überschreiten, die mit dem”Meer der Zeit“notwendig verbunden sind: die Grenzen einer Welt, in welcher der Mensch geboren wird und stirbt, entsprechend den Worten der Genesis:”Staub bist du und zum Staub mußt du zurück“. Der Vergleich Christi dagegen spricht von der Überführung des Meschen in eine andere”Welt“, in eine andere Dimension seiner Existenz. Das Himmelreich ist genau diese neue Dimension, die sich über dem ”Meer der Zeit“ eröffnet und zugleich das”Netz“ist, das in diesem Meer für das endgültige Geschick des Menschen und aller Menschen in Gott arbeitet.

Unser heutiges Gleichnis fordert uns auf, das Himmelreich als endgültige Erfüllung jener Gerechtigkeit zu erkennen, nach der der Mensch mit einer unüberwindlichen Sehnsucht verlangt, wie sie ihm der Herr ins Herz gelegt hat, jener Gerechtigkeit, die Jesus selbst wirkte und verkündete, jener Gerechtigkeit schließlich, die Christus mit seinem eigenen Blut am Kreuz besiegelt hat.

Im Himmelreich, dem ”Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens“ wird auch der Mensch sich selbst vollkommen finden. Denn der Mensch ist das Wesen, das aus der Tiefe Gottes hervorgeht und selbst eine solche Tiefe in sich birgt, daß nur Gott sie zu füllen vermag. Er, der Mensch, ist mit seinem ganzen Sein ein Abbild Gottes und ihm ähnlich.

3. Jesus hat seine Kirche auf die zwölf Apostel gegründet, von denen mehrere Fischer waren. Das Bild vom Netz lag so nahe. Jesus wollte sie zu Menschenfischern machen. Auch die Kirche ist ein Netz, verbunden durch den Heiligen Geist, verknüpft durch die apostolische Sendung, wirkmächtig durch die Einheit in Glaube, Leben und Liebe.

Ich denke in diesem Augenblick an das weitgespannte Netz der gesamten Weltkirche. Zugleich steht mir jede einzelne Kirche in eurem Land vor Augen, zumal die große Kirche von Köln und die benachbarten Bistümer. Und schließlich steht mir von Augen die kleinste dieser Kirche, die ”Ecclesiola“, die Hauskirche, der die jüngste Bischofssynode in Rom eine so große Aufmerksamkeit beim Thema über die ”Aufgaben der christlichen Familie“ geschenkt hat.

Die Familie: Hauskirche, einzigartige und unersetzliche Gemeinschaft von Personen, von der der hl. Paulus in der 2. Lesung von heute spricht. Er hat dabei natürlich die christliche Familie seiner Zeit vor Augen; was er sagt, müssen wir jedoch ebenso auf die Belange der Familien in unserer Zeit anwenden: das, was er den Ehemännern sagt, was er den Ehefrauen sagt, den Kindern und den Eltern. Und schließlich das, was er uns allen sagt: ”Darum bekleidet euch mit aufrichtigem Erbarmen, mit Güte, Demut, Milde und Geduld! Ertraget euch gegenseitig und vergebt einander... vor allem aber liebt einander, denn die Liebe ist das Band, das alles zusammenhält und vollkommen macht. In eurem Herzen herrsche der Friede Christi; dazu seid ihr berufen als Glieder des einen Leibes. Seid dankbar!“. Was für eine großartige Lektion an Ehe- und Familienspiritualität!

4. Aber wir dürfen die Augen auch vor der anderen Seite nicht verschließen; die Synodenväter in Rom haben sich sehr ernst auch mit ihr befaßt; ich meine die Schwierigkeiten, denen das hohe Ideal des christlichen Familienverständnisses und Familienlebens heute ausgesetzt ist. Die moderne Industriegesellschaft hat die Lebensbedingungen für Ehe und Familie grundlegend verändert. Ehe und Familie waren früher nicht nur Lebensgemeinschaft, sondern auch Produktions- und Wirtschaftsgemeinschaft. Sie wurden aus vielen öffentlichen Funktionen verdrängt. Das öffentliche Klima ist nicht immer freundlich gegenüber Ehe und Familie. Und doch erweisen sie sich in unserer anonymen Massenzivilisation als Zufluchtsort auf der Suche nach Geborgenheit und Glück. Ehe und Familie sind wichtiger denn je: Keimzellen zur Erneuerung der Gesellschaft, Kraftquellen, aus denen das Leben menschlicher wird. Ich darf das Bild aufgreifen: Netz, das Halt und Einheit gibt und heraushebt aus den Strömungen der Tiefe.

Lassen wir nicht zu, daß dieses Netz zerreißt. Staat und Gesellschaft leiten ihren eigenen Zerfall ein, wenn sie Ehe und Familie nicht mehr wirksam fördern und schützen und andere, nichteheliche Lebensgemeinschaften ihnen gleichstellen. Alle Menschen guten Willens, besonders wir Christen, sind aufgerufen, die Würde und den Wert von Ehe und Familie neu zu entdecken und überzeugend vorzuleben. Die Kirche bietet dazu aus dem Licht des Glaubens ihren Rat und ihren geistlichen Dienst an.

5. Ehe und Familie sind zutiefst verknüpft mit der personalen Würde des Menschen. Sie entspringen nicht nur dem Trieb und der Leidenschaft, auch nicht allein dem Gefühl; sie entspringen vor allem einem Entschluß des freien Willens, einer personalen Liebe, durch die die Gatten nicht nur ein Fleisch, sondern auch ein Herz und eine Seele werden. Die leibliche und sexuelle Gemenschaft ist etwas Großes und Schönes. Sie ist aber nur dann voll menschenwürdig, wenn sie in eine personale, von der bürgerlichen und kirchlichen Gemeinschaft anerkannte Bindung integriert ist.

Volle Geschlechtsgemeinschaft zwischen Mann und Frau hat darum ihren legitimen Ort allein innerhalb der ausschließlichen und endgültigen personalen Treuebindung in der Ehe. Die Endgültigkeit der ehelichen Treue, die heute vielen nicht mehr verständlich erscheinen will, ist ebenfalls ein Ausdruck der unbedingten Würde des Menschen. Man kann nicht nur auf Probe leben, man kann nicht nur auf Probe sterben. Man kalm nicht nur auf Probe lieben, nur auf Probe und Zeit einen Menschen annehmen.

6. So ist Ehe auf Dauer, auf Zukunft ausgerichtet. Sie schaut über sich hinaus. Die Ehe ist der einzig angemessene Ort für die Zeugung und Erziehung von Kindern. Darum ist eheliche Liebe ihrem Wesen nach auch auf Fruchtbarkeit ausgerichtet. In dieser Aufgabe, menschliches Leben weiterzugeben sind die Ehegatten Mitwirkende mit der Liebe Gottes, des Schöpfers. Ich weiß, daß auch hier in der heutigen Gesellschaft die Schwierigkeiten groß sind. Belastungen zumal der Frau, enge Wohnungen, wirtschaftliche, gesundheitliche Probleme, oft sogar ausgesprochene Benachteiligung kinderreicher Familien stehen einem größeren Kinderreichtum im Wege. Ich appelliere an alle Verantwortlichen, an alle Kräfte der Gesellschaft: Tut alles, um Abhilfe zu schaffen. Ich appelliere vor allem aber an eure Gewissen und an eure persönliche Verantwortung, liebe Brüder und Schwestern. In eurem Gewissen müßt ihr im Angesicht Gottes die Entscheidung über die Zahl eurer Kinder fallen.

Als Eheleute seid ihr aufgerufen zu einer verantwortlichen Elternschaft. Diese aber meint eine solche Familienplanung, die die ethischen Normen und Kriterien beobachtet, wie es auch von der letzten Bischofssynode unterstrichen worden ist. Mit großem Nachdruck möchte ich euch in diesem Zusammenhang heute nur dies eine besonders in Erinnerung rufen: Die Tötung ungeborenen Lebens ist kein legitimes Mittel der Familienplanung. Ich wiederhole, was ich am 31. Mai dieses Jahres den Arbeitern in der Pariser Vorstadt Saint-Denis gesagt habe: ”Das erste Recht des Menschen ist das Recht auf Leben. Wir müssen dieses Recht und diesen Wert verteidigen. Andernfalls würde die ganze Logik des Glaubens an den Menschen, das ganze Programm eines wahrhaft menschlichen Fortschritts erschüttert werden und in sich zusammenbrechen“. Es geht in der Tat darum, dem Leben zu dienen.

7. Liebe Brüder und Schwestern! Auf der unerläßlichen Grundlage und Voraussetzung des Gesagten wollen wir uns jetzt dem tiefsten Geheimnis von Ehe und Familie zuwenden. Die Ehe ist in der Sicht unseres Glaubens ein Sakrament Jesu Christi. Eheliche Liebe und Treue sind umgriffen und getragen von Gottes Liebe und Treue in Jesus Christus. Die Kraft seines Kreuzes und seiner Auferstehung trägt und heiligt die christlichen Eheleute.

Wie die kürzliche Bischofssynode in ihrer Botschaft an die christlichen Familien in der Welt von heute hervorgehoben hat, ist die christliche Familie in besonderer Weise berufen, am Heilsplan Gottes mitzuwirken, indem sie ihren Gliedern beisteht, ”auf daß sie zu aktiven Mitträgern der Heilsgeschichte und zu lebendigen Zeichen des Liebesplanes Gottes für die Welt werden“.

Als sakramental gegründete”Kirche im Kleinen“oder Hauskirche müssen Ehe und Familie eine Schule des Glaubens und ein Ort des gemeinsamen Gebets sein. Ich messe gerade dem Gebet in der Familie große Bedeutung zu. Es gibt Kraft zur Bewältigung der vielfältigen Probleme und Schwierigkeiten. In Ehe und Familie müssen die menschlichen und christlichen Grundhaltungen wachsen und reifen, ohne die Kirche und Gesellschaft nicht Bestand haben können. Hier ist der erste Ort christlichen Laienapostolates und des gemeinsamen Priestertums aller Getauften. Solche vom christlichen Geist geprägte Ehen und Familien sind auch die wahren Seminarien, das heißt Pflanzstätten für geistliche Berufe zum Priester- und Ordensstand.

Liebe Eheleute und Eltern, liebe Familien! Was könnte ich euch bei dieser heutigen eucharistischen Begegnung herzlicher wünschen, als daß ihr alle und jede einzelne Familie eine solche”Hauskirche“seid, eine Kirche im Kleinen! Daß sich bei euch das Gleichnis vom Reich Gottes verwirkliche! Daß ihr die Gegenwart des Reiches Gottes erfahrt, indem ihr selbst lebendiges”Netz“seid, das eint und trägt und Halt gibt - für euch selbst und für viele um euch herum.

Das ist mein Segenswunsch, den ich euch als euer Gast und Pilger und als Diener eures Heils ausspreche.

8. Und nun gestattet mir, daß ich mich am Schluß dieser grundlegenden Betrachtung über das Reich Gottes und die christliche Familie noch an den hl. Albert den Großen wende, dessen ”Siebenhundert-Jahr-Feier“ mich in eure Stadt geführt hat. Denn hier ist die Grabstätte dieses berühmten Sohnes eures Landes, der in Lauingen geboren wurde und in seinem langen Leben zugleich ein großer Wissenschaftler, ein geistiger Sohn des hl. Dominikus und der Lehrer des hl. Thomas von Aquin war. Er war einer der größten Geistesmenschen im 13. Jahrhundert. Er hat wie kaum ein anderer das ”Netz“ geknüpft, das Glaube und Vernunft, Gottesweisheit und Weltwissen miteinander verbindet. Wenigstens im Geiste besuche ich auch seine Geburtstadt Lauingen, wenn ich heute hier, in Köln, nahe bei seinem Grab weile und zusammen mit euch die Worte betrachte, durch die ihn die heutige Liturgie preist: ”Wenn Gott, der Höchste, es will, / wird er mit dem Geist der Einsicht erfüllt: / Er bringt eigene Weisheitsworte hervor, / und im Gebet preist er den Herrn. Er versteht sich auf Rat und Einsicht / und erforscht die Geheimnisse; / er offenbart den sittlichen Wert seiner Lehre, / und sein Ruhm ist das Bundesgesetz des Herrn. / Viele loben seine Einsicht; / sie wird niemals vergehen. / Sein Andenken wird nicht schwinden, / sein Name wird leben bis in ferne Geschlechter. / Von seiner Weisheit erzählt die Volksversammlung, / sein Lob verkündet die Gemeinde“.

Diesen Worten des weisen Jesus Sirach braucht man nichts hinzuzufügen. Man sollte aber auch keines auslassen. Denn sie beschreiben vollständig die Gestalt jenes Mannes, dessen sich euer Vaterland, eure Stadt zu Recht rühmen, der der ganzen Kirche zur Freude gereicht. Albertus Magnus, doctor universalis - Albert der Große, von umfassender Gelehrsamkeit: ein wahrer ”Jünger des Gottesreiches“!

Wenn wir heute miteinander die Berufung der christlichen Familie für den Aufbau des Reiches Gottes auf Erden bedacht haben, dann sollen uns die Worte des Gleichnisses Christi auch die tiefste Deutung dieses Heiligen geben, dessen wir heute feierlich gedenken. Christus sagt nämlich:”Jeder Schriftgelehrte also, der ein Jünger des Himmelreiches geworden ist, gleicht einem Hausvater, der aus seinem reichen Vorrat Neues und Altes hervorholt“.

Einem solchen Hausvater gleicht auch der hl. Albert! Sein Vorbild und seine Fürsprache mögen mich begleiten, wenn ich bei meiner Pilgerreise durch euer Land versuche, als Menschenfischer das Netz dichter zu knüpfen und weiter auszuwerfen, damit Gottes Reich komme. Amen.

Ruf des Papstes für die Entführung eines elfjährigen Mädchens

Bevor wir nun jedoch die Liturgiefeier fortsetzen, ist es mir im Rahmen unserer heutigen Besinnung auf Ehe und Familie noch ein Herzensanliegen, in euer aller Namen meine Betroffenheit über die kürzlich erfolgte unmenschliche Entführung eines elfjährigen Mädchens, Cornelia Becker, hier in eurem Land zu bekunden. Wir bangen zusammen mit den Eltern um das Schicksal ihrer Tochter. Wieder einmal fühlen wir schmerzlich, wozu menschliche Verirrung und Rücksichtslosigkeit fähig sind. Im Namen der Menschlichkeit appelliere ich an das Gewissen der Entführer: Laßt ab von eurem grausamen Tun! Gebt das unschuldige Kind Cornelia unverzüglich frei! - Wir wollen dieses Anliegen jetzt auch im Gebet vor Gott tragen, der Zugang zum Herzen der Menschen hat, wo unser Reden versagt. Beten wir mit den bangen Eltern um ein baldiges frohes Wiedersehn mit ihrer Tochter."

Ansprache von Papst Heilige Johannes Paul II an den Bundespräsidenten und andere Autoritäten
Bonn, 15. November 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"Sehr verehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrter Herr Bundestagspräsident, sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
verehrte Mitbrüder im Bischofsamt, sehr geehrte Damen und Herren!

1. Es ist mir eine besondere Freude, während meines Besuches in der Bundesrepublik Deutschland mit Ihnen, den höchsten und maßgeblichen Vertretern des politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und kirchlichen Lebens dieses Staates, zusammentreffen zu können. In Ihnen grüße ich zugleich alle, die in diesem Land für das Wohl und Geschick des ganzen Volkes Verantwortung tragen.

Aufrichtig danke ich dem Herrn Bundespräsidenten für den freundlichen Willkommensgruß und Ihnen allen, daß Sie mich durch Ihre Anwesenheit beehren. Ihre geschätzte Aufmerksamkeit gilt gewiß weniger meiner Eigenschaft als Souverän des äußerlich recht unscheinbaren Vatikanstaates, sondern dem mir anvertrauten religiösen Sendungsauftrag als oberster Hirte der katholischen Kirche. Dieser allein veranlaßt mich, im Geist meiner großen Vorgänger auf dem Stuhl Petri und entsprechend den neuen pastoralen Erfordernissen unserer Zeit immer wieder die Ewige Stadt für einige Tage zu verlassen, um meinen Glaubensbrüdern und -schwestern in den verschiedenen Ortskirchen und Kontinenten einen Pastoralbesuch abzustatten.

2. Meine Begegnungen mit den höchsten staatlichen und zivilen Autoritäten während meiner apostolischen Reisen wollen nicht nur Gesten der Höflichkeit und der Wertschätzung sein, sie sind zugleich Ausdruck der Solidarität und Mitverantwortung, zu der die Kirche sich kraft ihrer Sendung - unter Achtung der jeweiligen Zuständigkeiten - zusammen mit dem Staat für das Gemeinwohl der Bürger verpflichtet weiß. Obwohl das von Christus der Kirche gesetzte Ziel einer anderen, nämlich der religiösen Ordnung angehört, fließen - wie des II. Vatikanische Konzil betont - ”aus ebendieser religiösen Sendung Auftrag, Licht und Kraft, um der menschlichen Gemeinschaft zu Aufbau und Festigung nach dem göttlichen Gesetz behilflich zu sein“.

Die Geschichte Ihres Volkes und des ganzen christlichen Abendlandes ist sehr reich an leuchtenden Beispielen und kostbaren Früchten solch mitverantwortlicher und vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen Staat, Gesellschaft und Kirche. Beredte Zeugen dafür, wie Glaubenskraft und Weltgestaltung zusammenhängen, sind nicht nur die herrlichen Kathedralen, die altehrwürdigen Klöster und Universitäten mit ihren umfangreichen Bibliotheken und die vielen übrigen kulturellen und sozialen Einrichtungen, sondern ebenso auch die moderne technische Zivilisation und Kultur selbst, die ohne den entscheidenden geschichtlichen, geistig-sittlichen Beitrag des Christentums von ihren Ursprüngen her nicht zu verstehen ist. Sogar die neuzeitlichen areligiösen und antireligiösen Ideologien geben noch Zeugnis von der Existenz und dem hohen Wert dessen, was sie mit allen Mitteln zu leugnen und zu zerstören trachten.

3. Durch seinen bedeutenden geistig-religiösen, kulturellen und wissenschaftlichen Beitrag gebührt dem deutschen Volk in der Geschichte der Kirche und in der Geistesgeschichte Europas eine besondere Anerkennung. In seiner Vergangenheit gibt es zwar wie im Leben einer jeden Nation Licht und Dunkel, Beispiele höchster menschlicher und christlicher Größe, aber auch Abgründe, Prüfungen, Geschehnisse von tiefer Tragik. Es finden sich Zeiten, in denen das Leben dieser Nation der wahren menschlichen und christlichen Tugend entsprochen hat, jedoch auch solche, die zu dieser im bürgerlichen und internationalen Zusammenleben in Widerspruch standen. Stets aber hat Ihr Land es verstanden, sich sogar aus Zusammenbrüchen und Erniedrigungen - wie zum Beispiel denen des letzten Weltkrieges - neu zu erheben und wieder zu erstarken. Politische Stabilität, wissenschaftlich-technischer Fortschritt und der sprichwörtliche Fleiß der Bürger haben der Bundesrepublik Deutschland während der letzten Jahrzehnte innerhalb ihrer Grenzen zu Wohlstand und sozialem Frieden und darüber hinaus in der internationalen Völkergemeinschaft zu hohem Ansehen und Einfluß verholfen. Geblieben ist für Ihr Volk jedoch noch immer die schmerzliche Teilung, die - wie ich hoffe - schließlich in einem geeinten Europa ebenfalls die ihr gebührende friedliche Lösung finden möge.

Gestatten Sie mir, sehr geehrte Damen und Herren, daß ich an dieser Stelle von den Friedensbemühungen, durch die auch Ihr Land zur weltweiten Völkerverständigung maßgeblich beizutragen sucht, mit besonderer Freude die wachsende Verständigungsbereitschaft zwischen Ihren Bürgern und dem polnischen Volk hervorhebe. Hierbei gebührt bekanntlich auch den evangelischen Christen sowie den Bischöfen und Katholiken in beiden Ländern ein nicht geringes Verdienst. In allen leidvollen Beziehungen zwischen den Völkern gilt der Grundsatz: Nicht das Aufrechnen des gegenseitig sich zugefügten und erduldeten schweren Unrechts und Leids, sondern allein der Wille zur Versöhnung und die gemeinsame Suche nach neuen Wegen friedlichen Zusammenlebens können für die Völker den Weg in eine bessere Zukunft ebenen und gewährleisten.

Ebenso gereicht Ihren Verantwortlichen in Politik, Kirche und Gesellschaft zur besonderen Ehre, daß sie sich der schwerwiegenden Verantwortung, die den wohlhabenden Ländern gegenüber den Ländern der Dritten Welt obliegt, in zunehmendem Maß bewußt sind und ihr durch staatliche und kirchliche Programme und Initiativen wie auch durch konkrete Hilfsaktionen von seiten der Bürger zu entsprechen suchen. Auch auf diesem Gebiet ist schon manches Lobenswerte geschehen. Wie ich mich jedoch durch meine kürzlichen apostolischen Reisen in einige dieser Länder persönlich vergewissern konnte und die zuständige Nord-Süd-Kommission in ihrem Abschlußbericht mit großer Eindringlickeit hervorgehoben hat, sind noch weit größere Anstrengungen und noch entschiedenere Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene vorzunehmen, um dem Hunger und strukturellen Elend in den weniger privilegierten Ländern und Kontinenten noch wirksamer und erfolgversprechender zu begegnen. Wenn Entwicklung ein neuer Name für Frieden ist, wie Papst Paul VI. in seiner Enzyklika ”Populorum Progressio“ unterstrichen hat, so ist ein noch starkerer und selbstloserer gemeinsamer Einsatz für die Belange der Völker der Dritten Welt das vordringlichste Gebot der Stunde, um den Weltfrieden auf die Dauer zu sichern. Dazu dürfte auch eine merkliche Selbstbeschränkung der reichen Nationen kein unzumutbares Opfer sein.

4. Das viele Positive und Gute, das trotz mancher Unheilspropheten auch in der Welt von heute gerade dank der neuen technischen Errungenschaften mit einem um so größeren Wirkungsradius geschieht, um die Lebensbedingungen der ganzen Menschheitsfamilie und die eines jeden einzelnen Menschen immer menschenwürdiger zu gestalten, ist uns Anlaß zu Freude und Dank gegenüber Gott, der auch der Herr unserer Zeit ist. Die Kirche fördert und unterstützt kraft ihrer Heilssendung nach Möglichkeit, was immer zur Hebung und ganzheitlichen Entfaltung des Menschen beitragen kann, wie es ja gerade auch die vertrauensvolle partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche auf verschiedenen Gebieten und Ebenen in Ihrem Land deutlich veranschaulicht.

Doch muß diese Feststellung des Guten und Anerkennenswerten in der modernen Gesellschaft uns zugleich auch die Mängel und Gefahren erkennen lassen, denen der heutige Mensch zunehmend ausgesetzt ist. Je heller das Licht, um so klarer treten die Schattenseiten und das bedrohliche Dunkel von Fehlentwicklungen in Erscheinung. ”Eine kritische Analyse unserer heutigen Zivilisation ergibt“, wie ich im vergangenen Jahr in meiner Ansprache vor den Vereinten Nationen ausgeführt habe, ”daß diese vor allem im letzten Jahrhundert wie nie zuvor zur Entwicklung der materiellen Güter beitragen, aber auch in der Theorie und mehr noch in der Praxis eine Reihe von Haltungen hervorgebracht hat, bei denen in mehr oder weniger starkem Maße die Sensibilität für die geistige Dimension der menschlichen Existenz abgenommen hat. Die Ursache hierfür sind gewisse Voraussetzungen, durch die der Sinn des menschlichen Lebens vorwiegend auf die vielfältigen materiellen und ökonomischen Bedingungen bezogen worden ist, das heißt auf die Erfordernisse der Produktion, des Handels, des Konsums, der Anhäufung von Reichtümern oder der Bürokratisierung, mit der man die entsprechenden Prozesse zu regulieren sucht“.

Jeder vermeintliche Fortschritt ist nur dann wahrer Fortschritt, wenn er dem Menschen in seiner Gesamtheit dient. Diese Ganzheit des Menschen umfaßt zu den materiellen Werten wesensnotwendig auch die geistigen und sittlichen Werte. Deshalb dürfen wir auch ”den menschlichen Fortschritt nicht nur am Fortschritt der Wissenschaft und Technik messen... sondern gleichzeitig und mehr noch am Primat der geistigen Werte und am Fortschritt des moralischen Lebens“. Es ist somit ein sehr bedauerlicher und folgenschwerer Fehler, wenn man in der modernen Gesellschaft den berechtigten Pluralismus vielfach mit Wertneutralität verwechselt und im Namen einer falsch verstandenen Demokratie auf ethnische Normen und die Verwendung der moralischen Kategorie von Gut und Böse im öffentlichen Leben zunehmend verzichten zu können glaubt.

5. Diese Entwicklung, deren nachteilige Auswirkungen sich auch im innerkirchlichen Leben bemerkbar machen, erfüllt die Kirche mit wachsender Aufmerksamkeit und Sorge. Seit ihrer Gründung durch Jesus Christus, der vor Pilatus angesichts seines Todes feierlich bekannt hat, daß er dazu geboren und in die Welt gekommen sei, um für die Wahrheit Zeugnis zu geben, hat die Kirche kraft ihrer Sendung zusammen mit der Frohbotschaft von Erlösung und Heil als deren unerläßliche Voraussetzung stets mit Nachdruck gerade die geistig-sittliche Dimension der menschlichen Person bekannt, gefördert und verteidigt. Sie tut dies nicht nur aus Treue gegenüber der ihr anvertrauten offenbarten Lehre, sondern auch aus tiefem Verantwortungsbewußtsein für den Menschen, zu dessen Dienst und geistlichem Wohl sie sich gesandt weiß. Die Kirche bekennt sich zur Gottebenbildlichkeit des Menschen und damit zu seiner unantastbaren Würde. In ihr gründen letztlich seine unveräußerlichen Grundrechte wie auch die Grundwerte für menschenwürdiges gesellschaftliches Zusammenleben. Die Grundwertdiskussion, die in Ihrem Land während der letzten Jahre so rege stattgefunden hat, unterstreicht die besondere Aktualität und Notwendigkeit einer solchen neuen Rückbesinnung auf die tragfähigen Grundlagen unserer modernen Zivilisation und Gesellschaft.

Gemäß dem ihr übertragenen prophetischen Amt kann die Kirche es niemals unterlassen, im Namen der Wahrheit als sittliches Vergehen oder als Sünde zu bezeichnen, was offenkundig gegen die Würde des Menschen und Gottes Gebot verstößt. Sie kann insbesondere nicht schweigen, wenn so hohe Rechtsgüter wie das menschliche Leben, in welcher Form und in welchem Stadium auch immer, zur Disposition gestellt zu werden droht.

Die Kirche ist gesandt, von der Wahrheit Zeugnis zu geben, und leistet dadurch einen wertvollen Beitrag zu einer menschenwürdigen Gestaltung des gesellschaftlichen und öffentlichen Lebens.

Gelegen oder ungelegen erinnert sie an die hohe Würde und Berufung des Menschen als Gottes Geschöpf. Diese allen erkennbare Würde leuchtet in voller Klarheit und Größe in Jesus Christus auf, in der Botschaft seines Lebens und in seiner Lehre. In ihm allein erfährt - das ist christliche Glaubensüberzeugung - der Mensch die ganze Wahrheit über sich selbst. "Der Mensch kann sich im letzten nicht ohne Christus verstehen", wie ich in meiner Predigt auf dem Siegesplatz in Warschau betont habe. "Er kann weder begreifen, wer er ist, noch worin seine wahre Würde besteht, noch welches seine Berufung und was seine endgültige Bestimmung ist". Wenn Christen die in Christus erschlossene Wahrheit vom Menschen zur Grundlage ihres Lebenszeugnisses und gesellschaftlichen Handelns machen, dann ist dies ein Dienst an allen: die für alle erkennbare und von allen anzuerkennende Würde des Menschen kommt um so deutlicher und umfassender zu Geltung.

6. Ich möchte diese meine kurzen Überlegungen, sehr geehrte Damen und Herren, nicht beschließen, ohne Sie, insbesondere diejenigen unter Ihnen, die mit mir die gleichen Glaubensüberzeugungen teilen, dazu aufzurufen, sich der christlichen Grundlage der Geschichte Ihres Volkes und der christlich geprägten Grundverfassung Ihres heutigen Staates wieder neu bewußt zu werden. Eine tiefgreifende sittliche Erneuerung der Gesellschaft kann nur von innen, von den Wurzeln her wirksam erfolgen. Nachdem die scheinbar so verheißungsvollen großen Ideologien und Messianismen des letzten Jahrhunderts kläglich gescheitert sind und die Menschheit an den Rand des Abgrundes getrieben haben, ermutigt die Kirche heute um so nachdrücklicher die Völker und alle, die für sie Verantwortung tragen, sich nun wieder neu auf den Menschen selbst, auf seine wahre Würde und seine unveräußerlichen Grundrechte - mit einem Wort: auf den Menschen in Christus - zu besinnen, um von ihm her und zusammen mit ihm in hoffnungsvoller Zuversicht die Gegenwart für eine bessere Zukunft zu gestalten Allein daraus kann nicht nur für die einzelnen Nationen, sondern für Europa und die ganze Menschheit die Chance erwachsen für ein menschenwürdiges Bestehen der am Horizont der Geschichte immer bedrohlicher heraufziehenden Gefahren und für ein wahrhaft erfülltes Leben aller Völker und Menschen in Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden.

Hierfür erbitte ich Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, und Ihrem ganzen Volk von Gott, dem Ursprung und Ende aller Geschichte, Licht und Kraft sowie seinen bleibenden Schutz und Segen."

Grussworte von Papst Johannes Paul II an die Einwohner Bonns
Bonn, 15. November 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"Gelobt sei Jesus Christus!

Von Herzen danke ich euch, liebe Brüder und Schwestern, daß ihr mir, dem apostolischen Pilger durch euer Land, zu solch später Stunde in eurer Stadt Bonn noch ein so herzliches Willkommen bereitet. Ich grüße die hier Anwesenden und alle Bewohner der Bundeshauptstadt mit dem Segenswort des Psalmisten: "Friede herrsche in deinen Mauern... Um meiner Brüder, um meiner Freunde willen rufe ich: Friede sei in dir!". Mein Gruß gilt insbesondere den obersten Repräsentanten der bürgerlichen und kirchlichen Gemeinde, dem Herrn Oberbürgermeister und dem Herrn Stadtdechanten. Zugleich grüße ich die Vertreter der christlichen Kirchen sowie der Jüdischen Gemeinschaft.

Eure ehrwürdige Münster-Basilika, bei der wir uns hier begegnen, birgt als kostbaren Schatz in der Krypta die Gräber eurer Stadtpatrone, der heiligen römischen Märtyrer Cassius und Florentius.

Diese frühe Gedächtnisstätte des Christentums erinnert euch stets an die christliche Wurzel eurer Stadt und eurer Kultur. Das heroische Bekenntnis zu Christus dieser beiden Glaubenszeugen, deren Gedenktag ihr jedes Jahr mit dem Magistrat der Stadt so festlich begeht, verpflichtet euch. Seid auch ihr heute ebenso überzeugte und überzeugende Christen! Die gegenwärtige Renovierung eures herrlichen Gotteshauses sei ein Anruf an euch. Auch wir, die lebendigen Bausteine des geistlichen Tempels der Kirche, müssen uns immer wieder in Jesus Christus erneuern, bis wir ihm völlig gleichgestaltet werden.

"Um des Hauses des Herrn, unseres Gottes willen, fleh ich um Heil für dich". Mit diesen Worten desselben Psalms bitte ich um Gottes bleibenden Schutz und Segen für eure Stadt und alle ihre Bewohner. Gott segne die Familien mit ihren Kindern! Er segne die alten Menschen! Alle, die krank zu Bett liegen! Er segne jeden, der sich allein fühlt, der voller Sorgen und mutlos ist.

Schließlich gilt unser besonderer Segenswunsch in dieser Bundeshauptstadt noch allen denen, die für die politischen Geschicke und das Wohl eures Volkes und die internationale Völkergemeinschaft große Verantwortung tragen. Möge Gott ihre Beratungen und Entscheidungen stets mit seinem Licht erleuchten!

Laßt uns nun für eure Stadt, für euer Volk und die ganze Kirche beten, wie der Herr uns zu beten gelehrt hat:

Vater unser im Himmel..."

Ansprache von Papst Johannes Paul II an die Kolpinggemeinschaft
Minoritenkirche, Köln, 15. November 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"Liebe Kolpinggemeinschaft!
Der Dom, aus dem ich gerade komme, hat zwei gewaltige Türme, die wie Zeugen des Glaubens zum Himmel ragen. Die Minoritenkirche, gleichaltrig mit dem Dom, umfaßt zwei geistige Türme des Glaubens: Den bedeutenden Theologen Duns Scotus und den großen sozialen Volksseelsorger Adolph Kolping. Duns Scotus hat uns das Geheimnis der unbefleckten Empfängnis Mariens erschlossen und ihre Stellung im Heilsplan Gottes dargestellt. Der Immaculata wurde dieses Gotteshaus als erstes nördlich der Alpen geweiht. Neben dem Denker ruht in dieser Kirche der Seelsorger, Volksschriftsteller und Sozialapostel Adolph Kolping.

Adolph Kolping forderte die Neubesinnung des Menschen auf seinen inneren von Gott gegebenen Wert in der Familie, im Beruf, in der Kirche, im Staat und in der Gesellschaft. Sein Programm lautet: Jeder einzelne Christ verändert die Welt, wenn er christlich lebt. Adolph Kolping lebte in einer Zeit des politischen und sozialen Umbruchs. Er wußte, daß der einzelne auf sich allein gestellt nur wenig zur Besserung der Verhältnisse beitragen konnte. Deshalb baute er zielstrebig die katholischen Gesellenvereine auf, das heutige internationale Kolpingwerk. Er wollte damit Menschen in schwieriger sozialer Lage Geborgenheit und Heimat geben.

Als Adolph Kolping in Köln seine ersten Gesellenvereine gründete, wirkte auch Karl Marx in Köln.

Er rief zu Umsturz und Klassenkampf auf, Adolph Kolping wollte die Gesellschaft durch christliches Verhalten der Menschen wandeln. Grundlage für seine Arbeit waren die Botschaft Christi und die katholische Soziallehre, die durch seine schriftstellerische Tätigkeit Verbreitung fand und der er Impulse gegeben hat. Ich bin gekommen, Adolph Kolping und dem Internationalen Kolpingwerk, das sein Programm zeitgerecht verwirklicht, für den Beitrag zu Lösung der sozialen Fragen zu danken. Mit großer Freude hörte ich, daß das Kolpingwerk heute in 20 Ländern der Erde verbreitet ist und sich in jüngster Zeit sehr segensreich auch in der Dritten Welt ausbreitet.

Besonders erfreut bin ich darüber, daß sich überall so viele junge Menschen Eurem Werk anschließen und sich von ihm zu einer Haltung formen lassen, die Zeugnis vom Auftrag der frohen Botschaft gibt.

Ich weiß um Euer großes Verlangen nach der Seligsprechung Vater Kolpings. Dazu möchte ich Euch ermutigen und Eure Mühen segnen. Ich wiederhole, was ich 1978 hier gesagt habe: ”Solche Leitbilder wie Adolph Kolping brauchen wir für die Kirche von heute“."

Gebet von Papst Johannes Paul II in der HL Andreaskirche
Köln, 15. November 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"Gott, du bist wunderbar in deinen Heiligen!

Von dir zum obersten Hirten der Kirche Jesu Christi bestellt, knie ich heute als Pilger am Grab des heiligen Albert nieder, um dich am Festtag der siebenhundertjährigen Wiederkehr seines Todes mit allen Gläubigen zu verherrlichen und dir für sein Leben und Wirken zu danken, durch das du ihn deiner Kirche zum Lehrer des Glaubens und Vorbild des christlichen Lebens gegeben hast.

Gott, unser Schöpfer, Urheber und Licht des menschlichen Geistes, du hast dem heiligen Albert in der treuen Nachfolge unseres Herrn und Meisters Jesus Christus eine tiefe Erkenntnis des Glaubens geschenkt. Die Schöpfung selbst wurde für ihn zur Offenbarung deiner Allmacht und Güte, indem er dich in der Kreatur tiefer erkennen und lieben lernte. Zugleich hat er die Werke menschlicher Weisheit, auch die Schriften nichtchristlicher Philosophen, durchforscht und sie für die Begegnung mit deiner Frohen Botschaft erschlossen. Du hast ihn durch die Gabe der Unterscheidung in einzigartiger Weise dazu befähigt, dem Irrtum zu wehren, die Wahrheit aber zu vertiefen und unter den Menschen auszubreiten. Dadurch hast du ihn zum Lehrer der Kirche und aller Menschen bestellt.

Mit der Fürbitte des heiligen Albert vereint, flehen wir zu dir um dein Erbarmen:

- Sende deiner Kirche auch in unserer Zeit Lehrer der Wahrheit, die den Menschen deine Frohe Botschaft durch Wort und heiligmäßigen Lebenswandel zeitgemäß zu deuten und zu verkünden vermögen.

Wir bitten dich, erhöre uns.

Öffne durch die Gnade eines lebendigen Glaubens die Herzen der Menschen, daß sie Gottes Gegenwart in der Schöpfung und in ihrem eigenen Leben erkennen und seinem heiligen Willen immer vollkommener entsprechen.

- Begleite und erleuchte den Dienst der Forscher und Gelehrten mit deinem Heiligen Geist und bewahre sie vor Stolz und Eigendünkel und schenke den Naturwissenschaftlern einen verantwortungsvollen Umgang mit den Gaben deiner Schöpfung.

- Schenke den Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft Einsicht und Verantwortungsbewußtsein, daß sie die Errungenschaften von Wissenschaft und Technik für den Frieden und Fortschritt der Völker und nicht zu deren Schaden oder gar Vernichtung gebrauchen.

- Hilf uns allen, inmitten der vielfältigen Gefahren und Irrtümer unserer Zeit stets das Wahre zu erkennen und dir durch ein überzeugtes Leben aus dem Glauben in Treue zu dienen.

- Segne auf die Fürsprache des heiligen Albert alle Bürger dieses Landes, schenke dem deutschen Volk Frieden und Einheit und laß es stets seiner Verantwortung in der Gemeinschaft der Völker eingedenk sein.

- Begleite diesen meinen Pastoralbesuch in der Bundesrepublik Deutschland mit deinem besonderen Segen und Beistand, stärke alle Gläubigen in ihrer Liebe zu Christus und seiner Kirche, auf daß durch ihr christliches Lebenszeugnis in Wahrheit und Gerechtigkeit dein Name auch in der Welt von heute verherrlicht werde.

Bitte für uns, heiliger Albert, auf daß wir würdig werden der Verheißungen Christi.

Lasset uns beten: Gott, unsere Zuflucht und Stärke, du hast dem heiligen Bischof und Kirchenlehrer Albert die Kraft gegeben, das menschliche Wissen der ewigen Weisheit zuzuordnen. Stärke und beschütze auf seine Fürsprache unseren Glauben in der geistigen Verwirrung unserer Tage. Gib uns die Weite seines Geistes, damit uns auch der Fortschritt der Wissenschaften hilft, dich tiefer zu erkennen und dir näher zu kommen. Laß uns wachsen in der Erkenntnis der Wahrheit, die du selber bist, damit wir dich einmal zusammen mit allen Heiligen schauen dürfen von Angesicht zu Angesicht.

Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen."

Begegnung von Papst Johannes Paul II mit Wissenschaftlern und Studenten
Kölner Dom, 15. November 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"Verehrte Mitbrüder im Bischofsamt!
Liebe Brüder und Schwestern!
Sehr geehrte Damen und Herren!
1. Mit Freude und Dankbarkeit begrüße ich Sie, die Frauen und Männer aus dem wissenschaftlichen Leben der Bundesrepublik Deutschland, die Studentinnen und Studenten aus den deutschen Hochschulen, die die europäische Wissenschaftsgeschichte so nachhaltig beeinflußt haben. Sie haben sich hier versammelt gleichsam stellvertretend für die vielen Forscher, Lehrer, Mitarbeiter und Studierenden in den Universitäten, Akademien und den anderen Forschungseinrichtungen. Sie vertreten ferner die vielen Mitarbeiter in der staatlichen und nichtstaatlichen Wissenschaftsförderung, die auf Entwicklung von Wissenschaft und Technologie einen nicht unerheblichen Einfluß ausüben und deshalb eine besondere Verantwortung für die Menschen tragen.

2. Das heutige Zusammentreffen soll als ein Zeichen der Gesprächsbereitschaft zwischen Wissenschaft und Kirche verstanden werden. Der heutige Tag selbst und der Ort geben dieser Begegnung eine besondere Bedeutung. Heute vor 700 Jahren starb im Dominikanerkonvent, nicht weit von diesem Dom, bei dessen Gründung er wohl anwesend war, Albert ”der Deutsche“, wie ihn die Zeitgenossen nannten; die Nachwelt hat ihm wohl als einzigen Gelehrten den Beinamen ”der Große“ gegeben.

Albert hat in seiner Zeit vielfältig gewirkt: als Ordensmann und Prediger, als Ordensoberer und als Bischof und als Friedensvermittler in seiner Stadt Köln. Weltgeschichtliche Größe gewann er aber als Forscher und Gelehrter, der das Wissen seiner Zeit umfassend beherrschte und in einem gewaltigen Lebenswerk neu gestaltete. Schon Zeitgenossen anerkannten ihn als "auctor", als Urheber und Mehrer der Wissenschaft; die Folgezeit zeichnete ihn als den "doctor universalis" aus.

Die Kirche beruft sich auf ihn, den sie zu ihren Heiligen zählt, als einen ihrer "Lehrer" und feiert ihn liturgisch unter diesem Titel.

Unsere Erinnerung an Albert den Großen soll aber nicht nur ein Akt schuldiger Pietät sein.

Wichtiger ist es, den wesentlichen Sinn seines Lebenswerkes gegenwärtig werden zu lassen, dem wir grundsätzliche und bleibende Bedeutung zumessen müssen. Werfen wir kurz einen Blick auf die geistesgeschichtliche Lage der Zeit Alberts: Ihr Kennzeichen ist das zunehmende Bekanntwerden des aristotelischen Schrifttums und der arabischen Wissenschaft. Das christliche Abendland hatte bis dahin die Tradition der christlichen Spätantike wiederbelebt und wissenschaftlich weiterentwickelt. Jetzt tritt ihm eine umfassende nichtchristliche Welterklärung entgegen, die sich nur auf profane Rationalität stützt. Viele christliche Denker, darunter sehr bedeutende, sahen in diesem Anspruch vor allem eine Gefahr. Sie glaubten die geschichtliche Identität der christlichen Tradition dagegen schützen zu müssen; denn es gab auch radikale einzelne und Gruppen, die einen ungelösten Widerstreit zwischen dieser wissenschaftlichen Rationalität und der Glaubenswahrheit erblickten und sich zugunsten dieser ”Wissenschaftlichkeit“ entschieden.

Zwischen diesen Extremen geht Albert den mittleren Weg: Der Wahrheitsanspruch rational begründeter Wissenschaft wird anerkannt; ja sie wird inhaltlich übernommen, ergänzt, korrigiert und weiterentwickelt in ihrer eigenständigen Rationalität. Eben dadurch wird sie zum Eigentum der christlichen Welt. Diese findet so ihr Weltverständnis ungemein bereichert, aber sie muß kein Wesenselement ihrer Tradition oder gar die Glaubensgrundlage aufgeben. Denn zwischen einer Vernunft, welche durch ihre gottgegebene Natur auf Wahrheit angelegt und zur Erkenntnis der Wahrheit befähigt ist, und dem Glauben, der sich der gleichen göttlichen Quelle aller Wahrheit verdankt, kann es keinen grundsätzlichen Konflikt geben. Der Glaube bestätigt gerade das Eigenrecht der natürlichen Vernunft. Er setzt es voraus; denn seine Annahme setzt jene Freiheit voraus, die nur dem Vernunftwesen eigen ist. Damit zeigt sich zugleich, daß Glaube und Wissenschaft verschiedenen Erkenntnisordnungen zugehören, die nicht ineinander überführbar sind. Dann aber erweist sich: Die Vernunft kann nicht alles aus sich selbst, sie ist endlich. Sie muß durch eine Vielzahl einzelner Erkenntnisse fortschreiten, sie ist in einer Mehrheit von einzelnen Wissenschaften verfaßt. Die Einheit von Welt und Wahrheit mit ihrem Ursprung kann sie nur in je besonderen Wissensweisen erfassen: Auch die Philosophie und die Teologie sind als Wissenschaften endliche Bemühungen, welche die Einheit der Wahrheit nur in der Unterschiedlichkeit, also in einem offenen Ordnungsgefüge darstellen können.

Wiederholen wir: Albert vollzieht die anerkennende Aneignung der rationalen Wissenschaft in einem Ordnungsgefüge, in dem sie ihren Eigenstand bestätigt erhält - und doch bleibt sie darin auf das maßgebende Sinnziel des Glaubens bezogen. Damit hat Albert das Statut einer christlichen Intellektualität verwirklicht, dessen Grundsätze auch heute noch als gültig anzusehen sind. Wir schmälern nicht die Bedeutung dieser Leistung, wenn wir zugleich feststellen: Alberts Werk ist inhaltlich zeitgebunden und gehört insofern der Geschichte an. Die von ihm erbrachte ”Synthese“ behält exemplarischen Charakter, und wir tun gut daran, ihre Grundsätze im Gedächtnis zu behalten, wenn wir uns den gegenwärtigen Fragen von Wissenschaft, Glaube und Kirche zuwenden.

3. Viele sehen den Kern dieser Fragen im Verhältnis von Kirche und moderner Naturwissenschaft, und sie empfinden noch die Belastung durch jene berühmten Konflikte, die aus Eingriff kirchlicher Instanzen in den Prozeß wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritts entstanden sind. Die Kirche erinnert sich daran mit Bedauern, denn wir wissen heute um die Irrtümer und Mängel dieser Verfahren. Wir können heute sagen, daß sie überwunden sind: Dank der Überzeugungskraft der Wissenschaft, dank vor allem der Arbeit einer wissenschaftlichen Theologie, welche das Glaubensverständnis vertieft und von Zeitgebundenem befreit hat. Das kirchliche Lehramt hat seit dem I. Vatikanischen Konzil mehrfach jene Grundsätze wieder in Erinnerung gerufen, zuletzt und ausdrücklich im II. Vatikanum, die schon in Alberts des Großen Werk erkennbar sind. Es hat ausdrücklich die Unterschiedlichkeit der Erkenntnisordnungen von Glaube und Vernunft ausgesprochen, es hat die Autonomie und Freiheit der Wissenschaften anerkannt und ist für die Freiheit der Forschung eingetreten. Wir fürchten nicht, ja wir halten es für ausgeschlossen, daß eine Wissenschaft, die sich auf Vernunftgründe stützt und methodisch gesichert fortschreitet, zu Erkenntnissen gelangt, die in Konflikt mit der Glaubenswahrheit kommen. Dies kann nur dort der Fall sein, wo die Unterschiedlichkeit der Erkenntnisordnungen übersehen oder verleugnet wird.

Diese Einsicht, die von den Wissenschaftlern vollzogen werden sollte, könnte die geschichtliche Belastung des Verhältnisses von Kirche und Naturwissenschaft überwinden helfen und einen partnerschaftlichen Dialog ermöglichen, wie er ja schon vielfach im Gange ist. Es geht dabei nicht nur um Vergangenheitsbewältigung, sondern um neuartige Probleme, die sich aus der Rolle der Wissenschaften in der heutigen Gesamtkultur ergeben.

Die naturwissenschaftliche Erkenntnis hat zu einer tiefgreifenden Umgestaltung der menschlichen Technik geführt. In der Folge haben sich die Bedingungen des menschlichen Lebens auf dieser Erde in unerhörtem Maße verändert und weitgehend auch verbessert. Der Forschritt wissenschaftlicher Erkenntnis wurde zum Motor eines allgemeinen kulturellen Fortschritts. Technische Weltveränderung erschien vielen als Sinn und Ziel der Wissenschaft. Inzwischen hat sich gezeigt, daß der zivilisatorische Fortschritt nicht immer die Lebensumstände verbessert. Es gibt unbeabsichtigte und unvorhergesehene Folgen, die gefährlich und verderblich werden können. Ich erinnere nur an das ökologische Problem, das durch den Fortschritt der technisch-wissenschaftlichen Industrialisierung entstanden ist. So entstehen ernste Zweifel, ob denn der Fortschritt insgesamt dem Menschen diene. Solche Zweifel schlagen zurück auf die technisch verstandene Wissenschaft. Ihr Sinn, ihre Zielsetzung, ihre menschliche Bedeutung werden in Frage gestellt.

Besonderes Gewicht erhält diese Frage angesichts der Anwendung naturwissenschaftlichen Denkens auf den Menschen. Die sogenannten Humanwissenschaften haben durchaus wichtige und weiterführende Erkenntnisse über menschliches Tun und Verhalten erbracht. Sie stehen aber in Gefahr, in einer technisch bestimmten Kultur zur Manipulation des Menschen, zu Zwecken ökonomischer und politischer Herrschaft mißbraucht zu werden.

Wird die Wissenschaft wesentlich als ”technisch“ verstanden, so kann man sie als die Suche nach solchen Verfahren auffassen, die zu einem technischen Erfolg führen. Als ”Erkenntnis“ gilt dann, was zum Erfolg führt. Die der Wissenschaft vorgegebene Welt wird zum bloßen Komplex beeinflußbarer Phänomene, ihr Gegenstand ein funktionaler Zusammenhang, der auch nur auf seine Funktionalität hin untersucht wird. Solche Wissenschaft wird sich selbst als bloße Funktion auffassen können. Der Gedanke der Wahrheit wird dann entbehrlich, ja es wird zuweilen ausdrücklich auf ihn verzichtet. Die Vernunft selbst erscheint schließlich als bloße Funktion oder als Instrument eines Wesens, das den Sinn seines Daseins außerhalb von Erkenntnis und Wissenschaft, womöglich im bloßen Leben hat.

Unsere Kultur ist in allen Bereichen von einer Wissenschaft durchdrungen, die weithin funktionalistisch verfährt. Das gilt auch für den Bereich der Werte und Normen, der geistigen Orientierung überhaupt. Gerade hier stößt die Wissenschaft an ihre Grenze. Man spricht von einer Legitimationskrise der Wissenschaft, ja von einer Orientierungskrise unserer gesamten wissenschaftlichen Kultur. Wo liegt ihr Kern? Die Wissenschaft selbst kann nicht die umfassende Antwort auf die Frage nach dem Sinn geben, die sich in der Krise stellt. Wissenschaftliche Aussagen sind immer partikulär. Sie rechtfertigen sich nur im Hinblick auf einen bestimmten Ansatz, sie stehen in einem Prozeß des Fortschritts und sind in ihm korrigierbar und überholbar. Vor allem aber: Wie könnte etwas das Resultat eines wissenschaftlichen Ansatzes sein, was diesen Ansatz allererst rechtfertigt und also von diesem schon vorausgesetzt sein muß?

Die einzelne Wissenschaft kann die Sinnfrage nicht beantworten, ja sie nicht einmal im Rahmen ihres Ansatzes stellen. Und doch duldet diese Sinnfrage keinen unbegrenzten Aufschub ihrer Beantwortung. Wenn eine verbreitete Wissenschaftsgläubigkeit enttäuscht wird, so schlägt leicht die Stimmung um in Wissenschaftsfeindlichkeit. In diesen leeren Raum brechen unversehens Ideologien ein. Sie gebärden sich zuweilen zwar als ”wissenschaftlich“, verdanken aber ihre Überzeugungskraft dem dringenden Bedürfnis nach Antwort auf die Sinnfrage und dem Interesse an sozialer oder politischer Veränderung. Die funktionalistische wertfreie und wahrheitsentfremdete Wissenschaft kann durchaus in den Dienst solcher Ideologien treten; eine nur noch instrumentelle Vernunft droht unfrei zu werden. Schließlich gibt es noch neue Erscheinungen von Aberglaube, von Sektierertum und sogenannten ”neuen Religionen“, deren Auftreten mit der kulturellen Orientierungskrise zusammenhängt.

Diese Irrwege können aus dem Glauben her durchschaut und vermieden werden. Aber auch den gläubigen Wissenschaftler geht die allgemeine Krise an. Er wird sich fragen müssen, in welchem Geiste, in welcher Orientierung er selbst seine Wissenschaft betreibt. Er wird sich unmittelbar oder mittelbar der Aufgabe stellen müssen, Verfahren und Zielsetzung der Wissenschaft unter dem Aspekt der Sinnfrage ständig neu zu überprüfen. Wir sind mitverantwortlich für diese Kultur, und wir sind aufgefordert, an der Bewältigung der Krise mitzuwirken.

4. In dieser Situation rät die Kirche nicht zu Vorsicht und Zurückhaltung; sie rät zu Mut und Entschlossenheit.

Es gibt keinen Grund, sich der Wahrheit nicht zu stellen oder sie zu fürchten. Die Wahrheit und alles Wahre ist ein hohes Gut, dem wir uns mit Liebe und Freude zuwenden sollen. Auch die Wissenschaft ist ein Weg zum Wahren; denn in ihr entfaltet sich die gottgegebene Vernunft, die ihrer Natur nach nicht zum Irrtum, sondern zur Wahrheit der Erkenntnis bestimmt ist.

Dies muß auch für die technisch-funktional orientierte Wissenschaft gelten. Es ist eine Verkürzung, Erkenntnis nur als ”Methode mit Erfolg“ zu verstehen, aber umgekehrt ist es legitim, Erfolg als Ausweis für die Erkenntnis zu werten, aus der er folgt. Wir können die technische Welt, die des Menschen Werk ist, nicht als ein Reich sehen, das gänzlich von der Wahrheit entfernt ist. Auch ist diese Welt keineswegs sinnleer: es ist wahr, daß es die menschlichen Lebensverhältnisse entschieden verbessert hat, und die Schwierigkeiten, welche ungute Folgen des Fortschritts der technischen Zivilisation mit sich bringen, rechtfertigen es nicht, die Güter zu vergessen, die dieser Fortschritt selbst erbracht hat.

Es besteht kein Anlaß, unsere technisch-wissenschaftliche Kultur als gegensätzlich zur Schöpfungswelt Gottes zu sehen. Freilich ist klar, daß technische Erkenntnis zum Guten wie auch zum Bösen angewendet werden kann. Wer die Wirkungsweise von Giften erforscht, wird diese Erkenntnis zum Heilen wie auch zum Töten verwenden können. Aber es kann nicht zweifelhaft sein, wohin wir schauen müssen, um das Gute vom Schlechten zu unterscheiden. Technische, auf Weltveränderung gerichtete Wissenschaft rechtfertigt sich durch ihren Dienst am Menschen und an der Menschheit.

Man kann nicht sagen, daß der Fortschritt zu weit gegangen ist, solange noch viele Menschen, ja ganze Völker in bedrückenden und sogar menschenunwürdigen Verhältnissen leben, die mit Hilfe technisch-wissenschaftlicher Erkenntnis verbessert werden können. Gewaltige Aufgaben liegen noch vor uns, denen wir uns nicht entziehen können. Ihre Erfüllung ist ein brüderlicher Dienst am Mitmenschen, den wir ihm in eben der Weise schulden wie dem Bedürftigen das Werk der Barmherzigkeit, das seiner Not hilft.

Wir leisten dem Mitmenschen brüderlichen Dienst, weil wir in ihm jene Würde erkennen, die ihm als sittlichem Wesen zukommt; wir sprechen von personaler Würde. Der Glaube belehrt uns, daß es des Menschen Auszeichnung darstellt, Abbild Gottes zu sein; die christliche Tradition sagt dazu, der Mensch sei um seiner selbst willen da, nicht Mittel für irgendeinen Zweck. Darum ist die personale Menschenwürde jene Instanz, von der aus alle kulturelle Anwendung technisch-wissenschaftlicher Erkenntnis zu beurteilen ist.

Dies ist von besonderer Bedeutung, wenn der Mensch selbst immer mehr Gegenstand der Forschung und Objekt von Humantechniken wird. Dies ist in sich noch kein unerlaubtes Vorgehen, da der Mensch ja auch ”Natur“ ist. Freilich ergeben sich hier Gefahren und Probleme, die aufgrund der weltumspannenden Auswirkungen der technischen Zivilisation schon heute die meisten Völker vor ganz neue Aufgaben stellen. Diese Gefahren und Probleme sind seit langem Gegenstand einer internationalen Diskussion. Es zeugt von dem hohen Verantwortungsbewußtsein der heutigen Wissenschaft, daß sie selbst sich dieser fundamentalen Fragen annimmt und sich mit wissenschaftlichen Mitteln um ihre Lösung bemüht. Die Human- und Sozialwissenschaften, aber auch die Kulturwissenschaften, nicht zuletzt Philosophie und auch Theologie haben die Reflexion des modernen Menschen über sich selbst und seine Existenz in der wissenschaftlich-technischen Welt in vielfältiger Weise vorangetrieben. Der Geist des neuzeitlichen Bewußtseins, der die Entwicklung der modernen Naturwissenschaften beflügelt, hat sich auch die wissenschaftliche Erforschung des Menschen und seiner sozialen und kulturellen Lebenswelt zum Ziel gesetzt. Dabei wurde eine schier unüberschaubare Fülle von Erkenntnissen zutage gefördert, die sich ebenfalls auf das öffentliche und private Leben auswirken. Das soziale System der heutigen Staaten, das Gesundheits- und Bildungswesen, wirtschaftliche Prozesse und kulturelle Leistungen, sie alle sind mannigfach vom Einfluß dieser Wissenschaften (mit-) geprägt. Aber es kommt darauf an, daß die Wissenschaft den Menschen nicht entmündigt. Auch in der technischen Kultur muß der Mensch entsprechend seiner Würde frei bleiben; ja, es muß der Sinn dieser Kultur sein, ihm ein Mehr an Freiheit zu geben.

Die Einsicht in die personale Würde des Menschen und ihre maßgebende Bedeutung ist nicht erst durch den Glauben möglich. Sie ist auch der natürlichen Vernunft nicht verschlossen, die wahr und falsch, gut und böse unterscheidet und die Freiheit als Grundbedingung menschlichen Daseins erkennt. Es ist ein ermutigendes Zeichen, daß sie sich weltweit verbreitet; nichts anderes besagt ja der Gedanke der Menschenrechte, dem sich selbst jene nicht entziehen können, welche ihm in ihren Taten entgegenhandeln. Es besteht Hoffnung, und diese Hoffnung wollen wir ermutigen.

Es mehren sich auch die Stimmen, die sich mit der immanenten Beschränkung der Wissenschaften nicht zufriedengeben wollen und die nach der einen ganzen Wahrheit fragen, in der sich das menschliche Leben erfüllt. Es ist als ob Wissen und wissenschaftliche Forschung ins unendliche sich ausdehnten, so aber gerade sich wieder unaufhaltsam in ihre Ursprünge zurückbeugten: Die alte Frage nach dem Zusammenhang von Wissen und Glauben ist durch die Entwicklung der modernen Wissenschaften nicht überholt, sondern sie zeigt gerade in einer mehr und mehr verwissenschaftlichten Welt ihre volle lebenskräftige Bedeutung.

5. Wir haben bis jetzt vornehmlich von der Wissenschaft gesprochen, die im Dienst der Kultur und damit des Menschen steht. Es wäre aber zu wenig, sich auf diesen Aspekt zu beschränken. Gerade angesichts der Krise müssen wir uns daran erinnern, daß die Wissenschaft nicht nur Dienst für andere Zwecke ist. Die Erkenntnis der Wahrheit trägt ihren Sinn in sich selbst. Sie ist ein Vollzug humanen und personalen Charakters, ein menschliches Gut von hohem Rang. Die reine ”Theorie“ ist selbst eine Weise menschlicher ”Praxis“, und der Gläubige erwartet eine höchste, ihn ewig mit Gott vereinende ”Praxis“: sie ist Schau, sie ist also ”Theorie“.

Wir sprachen von ”Legitimationskrise der Wissenschaft“. Ja, die Wissenschaft hat ihren Sinn und ihr Recht, wenn sie als wahrheitsfähig und wenn die Wahrheit als menschliches Gut erkannt wird.

Dann rechtfertigt sich auch die Forderung nach der Freiheit der Wissenschaft; denn wie anders kann ein menschliches Gut zustande kommen als durch Freiheit? Frei muß die Wissenschaft sein auch in dem Sinn, daß nicht unmittelbare Zwecke, gesellschaftlicher Nutzen oder ökonomisches Interesse ihren Vollzug bestimmen. Das heißt nicht, daß sie von der ”Praxis“ prinzipiell getrennt werden muß. Aber um in die Praxis hineinzuwirken, muß sie zuvor durch die Wahrheit bestimmt sein, also zur Wahrheit frei sein.

Die freie und nur der Wahrheit verpflichtete Wissenschaft läßt sich nicht auf das Modell des Funktionalismus oder ein anderes festlegen, welches das Verständnis der wissenschaftlichen Rationalität einschränkt. Wissenschaft muß offen sein, ja auch vielfältig, und wir brauchen nicht Furcht vor dem Verlust einer einheitsgebenden Orientierung zu haben. Diese ist in der Dreiheit von personaler Vernunft, Freiheit und Wahrheit gegeben, in welcher die Vielfalt konkreter Vollzüge begründet und bewahrt ist.

Ich trage keine Bedenken, auch die Glaubenswissenschaft im Horizont einer so verstandenen Rationalität zu sehen. Die Kirche wünscht eine selbständige theologische Forschung, die vom kirchlichen Lehramt unterschieden ist, sich ihm aber verpflichtet weiß im gemeinsamen Dienst an der Glaubenswahrheit und am Volk Gottes. Es wird nicht auszuschließen sein, daß Spannungen und auch Konflikte entstehen. Aber dies ist auch im Verhältnis von Kirche und Wissenschaft niemals auszuschließen. Es hat seinen Grund in der Endlichkeit unserer Vernunft, die in ihrer Reichweite begrenzt und dazu dem Irrtum ausgesetzt ist. Dennoch können wir stets Hoffnung auf versöhnende Lösung haben, wenn wir auf die Wahrheitsfähigkeit ebendieser Vernunft bauen.

In einer vergangenen Epoche haben Vorkämpfer der neuzeitlichen Wissenschaft gegen die Kirche mit den Schlagworten Vernunft, Freiheit und Fortschritt gekämpft. Heute, angesichts der Sinnkrise der Wissenschaft, der vielfältigen Bedrohung ihrer Freiheit und des Zweifels am Fortschritt, haben sich die Kampfesfronten geradezu vertauscht. Heute ist es die Kirche, die eintritt

- für die Vernuft und die Wissenschaft, der sie die Fähigkeit zur Wahrheit zutraut, welche sie als humanen Vollzug legitimiert;
- für die Freiheit der Wissenschaft, durch die sie ihre Würde als menschliches personales Gut hat;
- für den Fortschritt im Dienst einer Menschheit, die seiner zur Sicherung ihres Lebens und ihrer Würde bedarf.

Mit dieser Aufgabe steht die Kirche und stehen alle Christen im Zentrum der Auseinandersetzung unserer heutigen Zeit. Eine tragfähige Lösung für die drängenden Fragen nach dem Sinn der menschlichen Existenz, nach den Maßstäben des Handelns und nach den Perspektiven einer weiterreichenden Hoffnung ist nur in der erneuerten Verbindung des wissenschaftlichen Denkens mit der wahrheitssuchenden Glaubenskraft des Menschen möglich. Das Ringen um einen neuen Humanismus, auf den die Entwicklung des dritten Jahrtausends gegründet werden kann wird nur zum Erfolg führen, wenn in ihm die wissenschaftliche Erkenntnis wieder in lebendige Beziehung tritt mit der Wahrheit, die dem Menschen als Geschenk Gottes offenbart ist. Die Vernunft des Menschen ist ein großartiges Instrument für die Erkenntnis und Gestaltung der Welt. Sie bedarf aber, um die ganze Fülle der menschlichen Möglichkeiten zur Verwirklichung zu bringen, einer Öffnung für das Wort der ewigen Wahrheit, das in Christus Mensch geworden ist.

Eingangs sagte ich, unser Treffen heute solle ein Zeichen der Gesprächsbereitschaft zwischen Wissenschaft und Kirche sein. Ist nicht bei diesen Überlegungen deutlich geworden, wie dringend dieser Dialog ist? Beide Seiten sollten ihn nüchtern, hörend, beständig fortsetzen. Wir brauchen einander.

In diesem Dom werden seit Jahrhunderten die Gebeine der Weisen bewahrt und verehrt, die am Beginn des neuen Zeitalters, das mit der Menschwerdung Gottes angebrochen ist, sich aufmachten, um dem wirklichen Herrn der Welt zu huldigen. Diese Männer, in denen sich das Wissen ihrer Zeit vereinigte, werden so zum Leitbild für den wahrheitssuchenden Menschen überhaupt. Das Wissen, das die Vernunft erreicht, findet seine Vollendung in der Anbetung der göttlichen Wahrheit. Der Mensch, der auf diese Wahrheit zugeht, erleidet keine Einbuße seiner Freiheit, sondern wird in der vertrauensvollen Hingabe an den Geist, der uns durch das Erlösungswerk Jesu Christi zugesagt ist, zur vollen Freiheit und zu einer wirklich humanen Existenzerfüllung geführt.

Die Wissenschaftler und Studenten und Sie alle aber, die Sie heute hier zusammengekommen sind, rufe ich auf und bitte Sie, in Ihrem Streben nach wissenschaftlicher Erkenntnis das letzte Ziel Ihrer Arbeit und Ihres ganzen Lebens ständig vor Augen zu haben. Dazu empfehle ich Ihnen besonders die Tugenden der Tapferkeit, die in einer zweifelnden, der Wahrheit entfremdeten und sinnbedürftigen Welt die Wissenschaft verteidigt, und der Demut, mit der wir die Endlichkeit der Vernunft vor der sie übersteigenden Wahrheit anerkennen. Es sind die Tugenden Alberts des Großen."

Predigt von Papst Johannes Paul II in Osnabrück
16. November 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"Verehrte Mitbrüder,
liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
1. Als der Evangelist Johannes aus dem vertrauten Umgang mit seinem Meister und aus der tiefen Kenntnis des liebenden Herzens Jesu die Worte des heutigen Evangeliums geformt hat, das Abschiedsgebet des Herrn, da sah er vor sich die ersten christlichen Gemeinden: nur mühsam und langsam hatten sie sich gebildet, zunächst in Palästina, dann nach einer ersten Verfolgung und Flucht in Antiochien und von da aus unter dem missionarischen Elan des heiligen Paulus bis nach Kleinasien und Griechenland und sogar bis nach Rom. Aber immer noch war ihr Bestand ziemlich klein und gefährdet; als Minderheit lebten diese Gemeinden unter der großen Überzahl der Heiden im Römischen Reich.

Diese Christen will der Evangelist trösten und stärken, wenn er ihnen schreibt, wie Jesus selbst gerade für sie gebetet hat: ihnen hat Jesus den ”Namen“ Gottes geoffenbart - ihnen hat er seine ”Herrlichkeit“ geschenkt - in ihnen soll die Liebe sein, die zwischen Gott, dem Vater, und dem Sohn besteht - so sollen sie ”vollkommen eins sein“, wie Jesus mit dem Vater eins ist. Machtvolle Worte der Tröstung und der inneren Stärkung für ein anstrengendes Leben in der ”Zerstreuung“, in der ”Diaspora“!

Meine Brüder und Schwestern! Euch allen bringe ich heute dieses Evangelium, diese Frohe Botschaft, dieses wirksame Gebet Jesu: es gilt euch, den Gläubigen dieser altehrwürdigen Diözese, die soeben die Jubiläumsfeier ihres 1200jährigen Bestehens festlich begangen hat; es gilt allen Katholiken in der Diaspora Norddeutschlands und Skandinaviens, an die ich mich heute aus dieser Stadt Osnabrück, dem Bischofssitz des nördlichsten Bistums dieses Landes, besonders wenden möchte.

Ich grüße mit besonderer Freude die hier anwesenden Oberhirten aus dieser und den benachbarten Diözesen, insbesondere aus Berlin und aus Skandinavien, und ebenso die Priester und Gläubigen aus jenen Diasporagebieten und -ländern. Der oberste Hirte der Kirche, die geeint lebt unter vielen Völkern, ist zu euch gekommen, um mit euch zusammen Gott zu danken für euren Glaubensmut und euch darin zu bestärken, auch weiterhin lebendige Zeugen unserer Erlösung in Christus zu sein.

2. Die Glaubenssituation der Katholiken in dieser weiträumigen Diaspora ist sehr unterschiedlich und schwierig. Sie ist dazu, gerade in den norddeutschen Diözesen, noch von einem besonderen geschichtlichen Umstand entscheidend mitgeprägt. Nach Kriegsende sind Hunderttausende, die ihre alte Heimat verlassen mußten, darunter viele Katholiken, in große Gebiete dieser Bistümer eingeströmt und dort seßhaft geworden, die bis dahin eine fast ausschließlich evangelische Bevölkerung hatten. Neben ihrem geringen Gepäck an äußerer Habe brachten diese Menschen als kostbarsten Besitz vor allem ihren Glauben mit, oft nur symbolisiert im abgegriffenen Gebetbuch ihrer alten Heimat.

Viele von euch, liebe Glaubensbrüder und -schwestern, erinnern sich noch daran, wie sie damals in der Fremde eine neue Bleibe suchen mußten, wie es darum ging, die notwendigsten Bedürfnisse des Lebens zu sichern, und wie zugleich Hunderte von neuen katholischen Gemeinden gegründet werden mußten. Ihr habt unter der Anleitung von tatkräftigen Priestern und Bischöfen neue Kirchen gebaut und Altäre errichtet. Obwohl ihr selbst Not littet und in großer Sorge um eure Familien lebtet, habt ihr euch in der neuen Heimat sogleich für den Aufbau des kirchlichen Lebens eingesetzt und dabei manches Opfer gebracht. Dadurch habt ihr vor aller Welt bekundet, daß ihr feststeht im Glauben, daß ihr euch durch das auferlegte Kreuz nicht verbittern ließet, ja sogar Leid in Segen und Zwietracht in Versöhnung wandeln konntet. Für dieses Beispiel der Glaubenstreue müssen wir euch allen sehr dankbar sein.

Im Rückblick auf die Entfaltung des kirchlichen Lebens in jenen schweren Jahren gedenken wir auch dankbar der vielen evangelischen Gemeinden in diesem Land, die lange Zeit ihre Kirchen auch den katholischen Christen geöffnet haben und so deren Seelsorgern die Möglichkeit gaben, die zerstreute Herde wieder zu sammeln.

3. In der Tat, harte Zeiten haben bittere Wunden geschlagen; aber der Herr hat auch geheilt und geholfen. Daran zu erinnern, scheint gerade heute angemessen, da euer Land durch den ”Volkstrauertag“ der unzähligen Toten des letzten Krieges gedenkt. Derselbe Herr Jesus Christus aber, der auch gestern mit seiner tröstenden Stärke beigestanden hat, wendet euch auch heute und morgen die Kraft seiner Liebe zu, damit wir immitten der Prüfungen dieser Zeit glaubwürdige Zeugen seiner befreienden Botschaft bleiben.

So habt ihr - nach den Worten der 2. Lesung der heutigen Liturgiefeier aus dem 1. Petrusbrief - sogar guten Grund, ”voller Freude zu (sein), obwohl ihr jetzt vielleicht kurze Zeit unter mancherlei Prüfungen leiden müßt. Dadurch soll sich euer Glaube bewähren, und es wird sich zeigen, daß er wertvoller ist als Gold, das im Feuer geprüft wurde“. Die Bewährung eures Glaubens: das ist eure Chance! Ein innerlicher reifer, verantwortungsbewußter Glaube: das kann euer Geschenk für die ganze Kirche sein! Und für euch selbst könnt ihr so ”das Ziel eures Glaubens erreichen, euer Heil“, das euch ”bei der Offenbarung Jesu Christi“ zuteil werden soll. ”Ihn habt ihr nicht gesehen, und dennoch liebt ihr ihn; ihr seht ihn jetzt nicht, aber ihr glaubt an ihn“. Durch seine Auferstehung von den Toten habt ihr ”eine lebendige Hoffnung” auf das ”unzerstörbare... unvergängliche Erbe..., das für euch im Himmel aufbewahrt ist“. ”Gottes Macht“ selbst ist es, die euch in diesem Glauben bestärkt, wenn ihr - so dürfen wir hinzufügen - das euch Mögliche tut, um euren Glauben lebendig und kraftvoll zu erhalten. Eure Lebenssituation als Christen in der Diaspora bildet dafür eine besondere Herausforderung.

Die wenigsten von uns können sich für ihre Glaubenspraxis heute noch einfach von einer starken gläubigen Umgebung mittragen lassen. Wir mussen uns vielmehr bewußt dafür entscheiden, bekennende Christen sein zu wollen und den Mut zu haben, uns von unserer Umgebung, wenn nötig, zu unterscheiden. Voraussetzung für solch ein entschiedenes christliches Lebenszeugnis ist, daß wir den Glauben als eine kostbare Lebenschance wahrnehmen und ergreifen, die den Lebensdeutungen und der Lebenspraxis der Umwelt überlegen ist. Wir sollten jede Gelegenheit nutzen, um zu erfahren, wie der Glaube unser Leben bereichert, wie er in uns zuverlässige Treue im Lebenskampf bewirkt, wie er unsere Hoffnung stärkt gegen den Ansturm jeder Art von Pessimismus und Verzweiflung, wie er uns an allem Extremismus vorbei zu einem überlegten Engagement für Gerechtigkeit und Frieden in der Welt motiviert, wie er uns schließlich im Leid trösten und aufrichten kann. Aufgabe und Chance der Diasporasituation ist es also, bewußter zu erfahren, wie der Glaube hilft, voller und tiefer zu leben.

4. Niemand aber glaubt nur für sich allein. Der Herr hat seine Jünger in eine Gemeinschaft berufen, in das pilgernde Gottesvolk, in die Kirche, die er wie einen lebendigen Leib mit seiner Lebenskraft durchwirkt. Dort wo mehrere Gläubige zum gemeinsamen Bekennen, Feiern, Beten und Handeln zusammenkommen, will der Herr ihnen begegnen. ”Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“. Als wollte der Herr mit diesen Worten bereits auf eine Diasporasituation anspielen, spricht er nicht von tausend, nicht von hundert oder zehn, sondern von ”zwei oder drei“! Schon hier verspricht uns der Herr seine helfende Gegenwart!

Darüber hinaus bieten eure Diözesen und Pfarrgemeinden vielfältige Möglichkeiten, nicht nur einem oder zwei Mitchristen im Glauben zu begegnen, sondern ganzen Gemeinden und Gruppen. Dafür möchte ich an dieser Stelle allen Priestern und Laienhelfern von Herzen danken, die sich trotz großer Schwierigkeiten mit aufopferndem Eifer für ein reges und fruchtbares Gemeindeleben unermüdlich einsetzen. Zugleich bitte ich alle Gläubigen, die sich bietenden Gelegenheiten zum Besten ihres Glaubens und ihrer Zukunft in Gott zu nutzen. Seid besonders treu und zuverlässig im Besuch der heiligen Messe am Sonntag oder am Samstagabend. Und dort, wo die sonntägliche Eucharistiefeier wegen der großen Entfernungen nicht erreichbar ist, wo aber doch ein Wortgottesdienst, vielleicht mit Austeilung der heiligen Kommunion, sein kann, nehmt daran teil!

Wo wir in Jesu Namen versammelt sind, da ist er mitten unter uns.

5. Vor allem aber möchte ich euch dazu ermutigen, den Kontakt zu euren evangelischen Mitchristen in aufrichtigem Glauben zu suchen und zu vertiefen. Die ökumenische Bewegung der letzten Jahrzehnte hat euch hellsichtig dafür gemacht, wie sehr die evangelischen Christen in ihren Sorgen und Freuden mit euch verbunden sind und wieviel Gemeinsames ihr zusammen mit ihnen besitzt, dort wo ihr und sie den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus ehrlich und konsequent leben. So danken wir Gott aus ganzem Herzen, daß die verschiedenen kirchlichen Gemeinschaften in euren Gegenden sich nicht mehr verständnislos gegenüberstehen oder sich sogar ängstlich voreinander abriegeln. Ihr habt vielmehr schon oft die beglückende Erfahrung gemacht, daß dann ein gegenseitiges Verstehen und Annehmen besonders leicht war, wenn beide Seiten ihren Glauben gut kannten, ihn freudig bejahten und die konkrete Gemeinschaft mit den eigenen Glaubensbrüdern hochschätzten. Ich möchte euch ermutigen, diesen Weg weiterzugehen.

Lebt euren Glauben als katholische Christen in Dankbarkeit vor Gott und eurer kirchlichen Gemeinschaft; gebt in aller Demut und ohne jede Selbstgefälligkeit ein glaubwürdiges Zeugnis von den inneren Werten eures Glaubens und ermutigt unaufdringlich und liebenswürdig auch eure evangelischen Mitchristen, ihre eigenen Glaubensüberzeugungen und religiösen Lebensformen auf Christus hin zu kräftigen und zu vertiefen. Wenn wirklich alle Kirchen und Gemeinschaften auf die Fülle des Herrn hinwachsen, wird uns sein Geist ganz gewiß den Weg zeigen, zur vollen inneren und äußeren Einheit der Kirche zu gelangen.

Jesus selbst hat um die vollkommene Einheit der Seinen gebetet: ”Alle sollen eins sein; wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, daß du mich gesandt hast“. So hörten wir soben im Evangelium. Und noch einmal, noch eindringlicher bittet Jesus seinen göttlichen Vater: ”Die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, damit sie eins sind, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir. So sollen sie vollkommen eins sein, damit die Welt erkennt, daß du mich gesandt hast und die Meinen ebenso geliebt hast wie mich“.

Diese Bitte um Einheit soll nach dem Willen Jesu gerade auch für alle jene Christen gelten, die sich gegenseitig im Glauben stützen und bestärken: ”Ich bitte nicht nur für sie“, so betet Jesus, ”sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben“. So dürfen wir zuversichtlich hoffen, daß alle ökumenischen Gespräche, alles gemeinsame Beten und Handeln von Christen verschiedener Konfessionen bereits in dieses innige Gebet Jesu eingeschlossen ist: ”Alle sollen eins sein: wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein“. An dieser Einheit hängt die Glaubwürdigkeit der Botschaft von der Erlösung durch Christi Tod und Auferstehung: ”damit die Welt glaubt, daß du mich gesandt hast“. Eine Bedingung allerdings deutet der Herr im selben Gebet an: ”Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und damit ich in ihnen sei“. Wir werden nur dann wirklich ”im Namen Jesu“ ökumenisch beten und handeln, wenn wir die Liebe zu Christus und zueinander bewahren und zur Grundlage aller Bemühungen um eine tiefere Einheit machen. Ich vertraue fest darauf, daß dieses Gebet des Sohnes Gottes, unseres Herrn und Bruders, um die Einheit aller Christen einmal seine volle Frucht bringen wird. Wir wollen ihn bitten, daß er an uns Wirklichkeit werden lasse, was der Prophet uns in der ersten Lesung heute angekündigt hat: ”So spricht Gott, der Herr: Ich hole euch aus den Völkern heraus, ich sammle euch in allen Ländern und bringe euch in euer Land. Ich gieße reines Wasser über euch, damit ihr rein werdet... Ich schenke euch ein neues Herz und gebe euch einen neuen Geist... Ich lege meinen Geist in euch hinein und bewirke, daß ihr nach meinen Gesetzen lebt und meine Gebote achtet und erfüllt. Dann werdet ihr mein Volk sein, und ich werde euer Gott sein“.

6. Liebe Brüder und Schwestern! Ihr lebt euren Glauben gewiß unter schwierigen Bedingungen.

Andere Diözesen eures Landes, die besser gestellt sind, stehen euch jedoch mit vielfältigen Hilfen solidarisch zur Seite, so vor allem durch die sehr verdiente und erprobte Einrichtung des Bonifatiuswerkes. Ihr wiederum beteiligt euch am Ansgarwerk, mit dem ihr den skandinavischen Diözesen brüderlichen Halt und Beistand gewährt. Im Reiche Gottes verliert derjenige ja nichts, der zu teilen versteht; im Gegenteil, er wird erst dann zu einem wahren Jünger Christi, der selbst für uns arm wurde, um uns alle reich zu machen.

Christsein in der Diaspora muß getragen sein vom Bewußtsein, zu einer großen Gemeinschaft von Menschen, zum Volk Gottes aus allen Völkern dieser Erde, zu gehören. Auch in der ”Zerstreuung“ seid ihr zusammen mit euren Priestern und Bischöfen auf vielfältige Weise mit der Kirche eures ganzen Landes und mit der Weltkirche verbunden. Darum sehe ich es als sehr glücklich an, daß ich als Bischof von Rom heute, am zweiten Tag meines Besuches in Deutschland, gerade in dieser Bischofsstadt mit ihren Verbindungen bis in den hohen Norden Europas, in eurer Mitte sein kann und mit euch die heilige Eucharistie feiere.

Eucharistie bedeutet Danksagung der gläubigen Gemeinde an den Herrn ”in der Gemeinschaft mit der ganzen Kirche“, wie wir im ersten Meßkanon beten. Wir wollen heute gemeinsam mit allen Gläubigen Gott besonders für die Gnaden danken, durch die er euren Glauben und eure Liebe zur Kirche auch unter schwierigen Umständen und in Zeiten schwerer Prüfungen bewahrt und gestärkt hat. Die Meßfeier selbst ist der nie versiegende Kraftquell für das religiöse Leben und die Glaubensbewährung eines jeden Christen. Sie erhält und nährt unsere Gemeinschaft mit Christus durch die lebendige Gemeinschaft mit seinem Mystischen Leib, der die Kirche ist.

Wenn uns gleich in der heiligen Kommunion das Brot des Herrn gebrochen und sein Leib gereicht wird, leben und verwirklichen wir deutlich und greifbar diese innerste Einheit des Leibes Christi, die Gemeinschaft aller Gläubigen. Werdet euch heute in froher Dankbarkeit dieser tiefen inneren Einheit der Kirche über alle menschlichen Grenzen und Schranken hinweg wieder neu bewußt! Tragt dieses Bewußstein wie einen kostbaren Schatz in eure Gemeinden, in eure Nachbarschaft, in eure Familien! Denn ihr seid als Gläubige niemals nur ”wenige“, niemals ”allein“, sondern stets vereint mit den ”Vielen“, die über die weite Welt hin mit euch in Glaube und Hoffnung dem Herrn Jesus Christus nachfolgen und seine erlösende Liebe bezeugen. Er ist die Kraft unseres Glaubens und der Grund unserer Zuversicht - er segne euch und eure Familien und führe euren Pilgerweg als katholische Christen eimal an sein ewiges Ziel, in die endgültige Heimholung aller Gläubigen aus der Zerstreuung dieser Zeit in sein ewiges Reich. Amen."

Die Worte von Papst Johannes Paul II. Im Angelus
Osnabrück, 16. November 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"Liebe Brüder und Schwestern!
Es ist eine große Freude für mich, euch gleich zu Anfang mit diesem schönen Namen anreden zu dürfen: Brüder - Schwestern. Denn wir alle sind Kinder des einen gemeinsamen Vaters, von Gott in Christus geliebt und erlöst. So sind wir uns nicht fremd und unbekannt, auch wenn wir uns hier zum erstenmal begegnen. Ich grüße euch alle von ganzem Herzen, die ihr in diesem Dom versammelt seid, um mit mir zusammen das alte und vertraute Gebet des Engel-des-Herrn zu sprechen.

Unsere Gebetsgemeinschaft umfaßt aber heute mittag nicht nur euch hier, sondern viele andere Mitmenschen in ganz Deutschland, die die Last irgendeiner Behinderung in ihrem Leben zu tragen haben und sich doch gläubig unserem Mittagsgebet mit der Hilfe des Fernsehens und des Radios anschließen wollen. Auch diese möchte ich meine Brüder und Schwestern nennen, euch, die ihr in eurer Wohnung - allein oder mit euren Angehörigen und Freunden - oder auch in der größeren Gemeinschaft eines Heimes durch die Medien mit uns hier in Osnabrück verbunden seid. Mit euch allen zusammen werden wir gleich Gott loben und ihm danken für das große Geschenk seiner Liebe.

Diese Liebe ist der Grund eurer Hoffnung und eures Lebensmutes. Gott hat uns in Jesus Christus auf unüberbietbare Weise gezeigt, wie er jeden einzelnen Menschen liebt und ihm dadurch unendliche Würde verleiht. Gerade jene, deren Leib oder Seele von Behinderungen belastet sind, dürfen sich als Freunde Jesu, als besonders von ihm geliebt wissen. Er selbst sagt: ”Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.

Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht“ (Mt 11, 28-30). Was den Menschen als Schwäche und Gebrechen erscheint, ist für Gott ein Grund besonderer Liebe und Zuwendung. Und dieses Urteil Gottes ist dann auch für die Kirche und jeden einzelnen Christen Auftrag und Verpflichtung. Für uns Christen zählt weniger, ob jemand krank oder gesund ist; was letztlich zählt, ist dies: Bist du bereit, deine dir von Gott geschenkte Würde bewußt und gläubig in all deinen Lebenslagen und in deinem Verhalten als wahrer Christ zu verwirklichen - oder willst du diese Würde in einem oberflächlichen, verantwortungslosen Leben, in Sünde und Schuld vor Gott verspielen? Auch als Behinderte könnt ihr heilig werden, könnt ihr alle das eine hohe Ziel erreichen, das Gott jedem Menschen als seinem geliebten Geschöpf zugedacht hat.

Jeder Mensch erhält von Gott seine ganz persönliche Berufung, seinen besonderen Heilsauftrag.

Wie immer sich der Wille Gottes uns dartun mag, er ist letztlich für uns immer eine frohe Boschaft, eine Botschaft zu unserem ewigen Heil. Das gilt auch, wenn ihr als schwerbehinderte Menschen von Christus zu einer ganz besonderen Art der Nachfolge, zu Kreuzesnachfolge, berufen seid. Christus lädt euch im obengenannten Wort ein, eure Gebrechen als sein Joch, als einen Weg auf seinen Spuren, anzunehmen. Nur so werden euch die leidvollen Lasten nicht erdrücken. Die einzig richtige Antwort auf den Ruf Gottes zur Christusnachfolge, wie immer er konkret aussehen mag, ist die Antwort der allerseligsten Jungfrau Maria: ”Mir geschehe nach deinem Wort!“ (Lk 1, 38). Allein euer bereites ”Ja“ zum Willen Gottes, der sich oft unserem natürlichen Verstehen entzieht, kann euch selig machen und schenkt euch schon jetzt eine innere Freude, die durch keine Not von außen zerstört werden kann.

Ihr bedürft dazu natürlich auch der tatkräftigen Hilfe vieler gesunder Mitmenschen. Ich denke hierbei besonders an euch, die ihr als Helfer und Begleiter hierhergekommen seid oder, wo auch immer, den Behinderten hilfsbereit beisteht. Als Angehörige oder von Berufs wegen stellt ihr eure Fähigkeiten, eure Zeit und Kraft in den Dienst des Nächsten. Im Namen Jesu Christi, der euch im notleidenden Mitmenschen selber auf geheimnisvolle Weise begegnet, möchte ich euch für diesen aufopferungsvollen Dienst danken und euch gleichzeitig darin ermutigen. Solchen selbstlosen Dienern gelten die verheißungsvollen Worte des Herrn: ”Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid...; ich war krank, und ihr habt mich besucht - schwerbehindert, und ihr seid mir beigestanden. Nehmt das Reich in Besitz, das am Anfang der Welt für euch geschaffen worden ist“ (vgl. Mt 25, 31-46).

Ein ebenso herzliches Wort des Dankes und der Ermutigung richte ich auch an alle Priester, die als Behindertenseelsorger einen wichtigen Auftrag der Kirche erfüllen. Ihr seid in einer besonderen Weise Diener ihrer inneren, geistlichen Freude. Werdet nicht müde trotz des bedrängenden Priestermangels, den euch anvertrauten Behinderten mit priesterlichem Eifer und fachlichem Können die Frohe Botschaft zu verkünden. Helft ihnen, ihr Los im Lichte des Glaubens zu betrachten, der sie dieses als Berufung zur Teilnahme am Erlöserleiden Christi verstehen lehrt. Seid stark in Christus, der euch sendet und durch euch sein Heil unter den Menschen wirkt.

Schließlich sind alle Menschen und die ganze Gesellschaft aufgerufen, den Behinderten hilfreich beizustehen. Sie haben ein Anrecht darauf. Zwischen den Gesunden und ihnen darf es keine trennenden Barrieren und Mauern geben. Wer heute als gesund gilt, kann schon jetzt eine verborgene Krankheit in sich tragen; er kann morgen verunglücken und auf Dauer geschädigt werden. Wir alle sind Pilger auf einer sehr begrenzten Wegstrecke, und einmal endet der Weg für jeden von uns mit dem Tod. Schon in gesunden Tagen erfahren die meisten von uns Zeichen von Begrenztheit und Schwäche, von Hinfälligkeit und Behinderung. Laßt uns deshalb gemeinsam, die mehr oder weniger Gesunden und die mehr oder weniger Behinderten, in brüderlicher Solidarität zueinanderstehen und uns gegenseitig den geschuldeten Bruderdienst erweisen, durch den allein sich ein menschenwürdiges Zusammenleben in Familie und Gesellschaft wirksam entfalten kann.

Deshalb sind auch bei dieser Begegnung mit unseren behinderten Brüdern und Schwestern alle Menschen, die uns hier oder draußen im Lande zuhören oder zuschauen, aufrichtig eingeladen, sich unserem Mittagsgebet anzuschießen. Vor Gott weichen alle irdischen Unterschiede zurück; entscheidend bleibt nur das jeweilige Maß an gläubiger Hoffnung und selbstloser Liebe, die jeder einzelne im Herzen trägt.

Beim Engel-des-Herrn-Gebet betrachten wir mit dem vertrauten dreimaligen ”Gegrüßet-seist-du-Maria“ das Kerngeheimnis unseres Glaubens, die Menschwerdung Gottes im Schoß der Jungfrau Maria. Wie Maria ihr Jawort zu diesem Heilsplan Gottes gesagt hat, so bekennen auch wir unser ”Fiat“, unser Ja, zu unserer Berufung. Sagen wir zuversichtlich ja dazu: zur Berufung des Leidens wie zur Berufung des Helfens und Dienens! Und wie aus Maria, der Jungfrau, Gottes Wort Fleisch wurde und unser Bruder, so wird auch unser Weg mit Gottes Kraft fruchtbar werden. Im Vertrauen angenommenes Leid, ein in Liebe übernommener Dienst: das ist heute ein Weg, auf dem der Herr in die Welt kommen will.

So laßt uns also die Hände falten und beten:
Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft, und sie empfing vom Heiligen Geist.
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade,
der Herr ist mit dir.
Du bist gebenedeit unter den Frauen,
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus:
Heilige Maria, Mutter Gottes,
bitte für uns Sünder
jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.
Maria sprach: Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort.
Gegrüßet seist du, Maria...
Heilige Maria...
Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.
Gerüßet seist du, Maria...
Heilige Maria...
Bitte für uns, heilige Gottesmutter, daß wir würdig werden der Verheißungen Christi.
Lasset uns beten:
Allmächtiger Gott, gieße deine Gnade in unsere Herzen ein. Durch die Botschaft des Engels haben wir die Menschwerdung Christi, deines Sohnes, erkannt. Laß uns durch sein Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung gelangen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen."

Ansprache von Johannes Paul II. an die Vertreter Verschiedener Werke und Einrichtungen
Mainz, 16. November 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"Liebe Brüder und Schwestern!
Wie ich gestern bei meiner Ankunft in eurem Land schon hervorgehoben habe, will mein Pastoralbesuch auch Ausdruck der Anerkennung und des Dankes dafür sein, daß die Bischöfe, Priester und Laien eurer Kirche über deren Grenzen hinaus so hochherzig der Nöte der Brüder und Schwestern in weniger privilegierten Teilen der Welt annehmen.

Mein herzlicher Dank gilt daher auch euch, die ihr die verschiedenen Werke und Einrichtungen repräsentiert, welche die deutschen Bischöfe, die Orden und die Laien für den Dienst in der Weltkirche geschaffen haben und ständig unterstützen: "Misereor", "Adveniat", "Missio", der Deutsche Caritasverband und das Bonifatiuswerk, um die wichtigsten zu nennen. Ebenso danke ich für den Beitrag der deutschen Katholiken für den ”Europäischen Hilfsfonds“ und für die "Ostpriesterhilfe".

Die Weltkirche verwirklicht sich in den Ortskirchen, die in Gemeinschaft zueinander stehen. Die von euch vertretenen Werke und Einrichtungen haben sehr viel zur Vertiefung des Geistes der Brüderlichkeit unter den Menschen beigetragen. Bewahrt euch, liebe Brüder und Schwestern, und fördert stets unter den Gläubigen diese Hilfsbereitschaft und weltweite Gesinnung. Sie kommen aus jenem brüderlichen und guten Herzen, dem der Herr die Freude zuteil werden läßt, euer Brot mit den Armen und euren Glauben an Christus mit allen Völkern der Erde zu teilen. Darin bestärke euch Christus der Herr mit meinem besonderen Apostolischen Segen."

Predigt von Johannes Paul II. - Heilige Messe für die Arbeiter
Mainz, 16. November 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"Liebe Brüder und Schwestern!
1. ”Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“. Mit diesem Segenswunsch des Apostels grüße ich euch alle von Herzen. Mein brüderlicher Gruß gilt dem verehrten Oberhirten der Diözese Mainz, Herrn Kardinal Hermann Volk, und den anwesenden Bischöfen und Priestern; in besonderer Weise aber gilt er heute euch, liebe katholische Arbeiter und Arbeiterinnen von nah und fern.

Die Liturgie des heutigen Sonntags, das Wort Gottes, welches wir in innerer Sammlung vernommen haben, bereitet uns in besonderer Weise darauf vor, jene wichtigen Themen aufzugreifen, die sich durch die eingangs an mich gerichteten Grußworte nahelegen.

Die Begegnung mit der Welt der Arbeiter, die mir hier in Mainz ermöglicht ist, nahe beim Grab eines großen Vorkämpfers und Apostels in der zozialen Frage im vergangenen Jahrhundert, namlich des Mainzer Bischofs Wilhelm Emmanuel von Ketteler, weckt in meinem Gedächtnis lebhafte Erinnerungen an eine ganze Reihe ähnlicher Begegnungen in der Zeit meines Dienstes auf dem Stuhl des heiligen Petrus (Guadalajara und Monterrey in Mexiko, die Begegnung in Jasna Gora in Polen mit der großen Menge von Bergleuten und Stahlarbeitern aus Schlesien, Limerick in Irland, Des Moines in den Vereinigten Staaten, in Turin, der großten Industriestadt Italiens, in St. Denis im Großraum von Paris, schließlich in São Paolo in in Brasilien). Immer sind es Begegnungen von besonderem inhaltlichen Gewicht, nicht nur in sozialer Hinsicht, sondern auch von der Botschaft des Evangeliums her. Das Problem der menschlichen Arbeit hat nämlich seinen Ort in der Mitte jenes Bundes, den der Schöpfer mit dem nach seinem Bild und Gleichnis erschaffenen Menschen geschlossen hat und den er bekräftigt und erneuert hat in Jesus Christus, der selbst in Nazaret viele Jahre in einer Werkstatt verbrachte.

Darum ist es nicht verwunderlich, daß die soziale Frage, die mit der Wirklichkeit der menschlichen Arbeit als ihrem Fundament verbunden ist, eine zentrale Stelle in den Lehräußerungen der Kirche einnimmt. Sie gehört unabdingbar zur Verkündigung des Evangeliums hinzu, besonders in der heutigen modernen Welt.

Wenn wir deshalb unser heutiges Thema aufgreifen, wollen wir der Stimme der Liturgie folgen, die uns hinstellt ”vor den Herrn, wenn er kommt, wenn er kommt, um die Erde zu richten. Er richtet den Erdkreis gerecht und die Nationen nach seiner Treue“. Die Gestalt der menschlichen Gerechtigkeit und der Maßtab, der an die ganze immer noch wachsende soziale Frage anzulegen ist, müssen aus der endgültigen Perspektive der Gerechtigkeit Gottes selbst gesehen werden. Die Liturgie des heutigen Sonntags, des vorletzten im liturgischen Jahr ist uns dabei sehr hilfreich.

2. In der Lesung aus dem zweiten Brief des heiligen Paulus an die Thessalonicher wird das Thema der menschlichen Arbeit ganz offen und sehr direkt auf der Grundlage der persönlichen Erfahrung des Apostels behandelt: ”Wir haben bei euch kein unordentliches Leben geführt und bei niemand unser Brot umsonst gegessen; wir haben uns gemüht und geplagt, Tag und Nacht haben wir gearbeitet, um keinem von euch zur Last zu fallen. Nicht als hätten wir keinen Anspruch auf Unterhalt; wir wollten euch aber ein Beispiel geben, damit ihr uns nachahmen könnt“.

Paulus von Tarsus verband seine Sendung und seinen apostolischen Dienst mit der Arbeit, mit der Abeit eines Handwerkers. Wie Christus das Werk seiner Erlösung mit der Arbeit in der Werkstatt von Nazaret verbunden hat, so Paulus das Apostolat mit seiner Hände Arbeit. Mag dies ein Anruf für viele unter euch sein, nein, für alle, ein Anruf an die ganze christliche Welt der Arbeit: Seht das Problem der Arbeit in den Dimensionen des Erlösungswerkes und verbindet die Arbeit mit dem Apostolat! Die Kirche unserer Zeit bedarf in besonderer Weise dieses Apostolates der Arbeit: des Apostolates der Arbeiter und des Apostolates mitten unter den Arbeitern, um diesen weiten Lebensbereich mit dem Licht des Evangeliums zu erhellen. Genauso wie es Bischof Ketteler tat!

Über der Arbeit des Menschen soll das Licht der Wahrheit und der Liebe Gottes aufleuchten! Sie darf nicht beherrscht sein von den Schatten der Ungerechtigkeit, der Ausbeutung, des Hasses und der Demütigung des Meschen!

In diesem Apostolat kommt der Arbeiterseelsorge in Diözesen und Gemeinden sowie der Wirksamkeit eurer Verbände, die sich vor allem der Welt der Arbeit zuwenden, eine große Aufgabe zu. Offenbar bekommen Arbeiter am ehesten die verheerenden Folgen innerer Entfremdung mit allen daraus erwachsenden Belastungen für den Glauben zu spüren. Insbesondere eure Verbände, die sich schon vielfach historische Verdienste erworben haben, vor allem die Katholische Arbeiterbewegung, die Christliche Arbeiterjugend und das Kolpingwerk, möchte ich zu neuen und verstärkten Anstrengungen aufrufen - um der Menschen willen, die von Gott erschaffen und von Christus erlöst wurden.

3. Im zweiten Brief an die Thessalonicher lesen wir: ”Wir ermahnen sie und gebieten ihnen im Namen Jesu Christi, des Herrn, in Ruhe ihrer Arbeit nachzugehen und ihr selbstverdientes Brot zu essen“. Kurz zuvor hat der Apostel denselben Gedanken in sehr lapidarer Weise zum Ausdruck gebracht: ”Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen”.

Diese deutlichen Worte, gelesen im Zusammenhang mit der heutigen Entwicklung der sozialen Frage, nötigen uns, an die Grundsätze der katholischen Soziallehre zu erinnern. Sie wurden seit der Enzyklika ”Rerum Novarum“ meines verehrten Vorgängers Leo XIII. im Jahre 1891 in zahllosen Äußerungen des kirchlichen Lehramtes, insbesondere des Zweiten Vatikanischen Konzils, in tief empfundener Hirtensorge dargelegt; sie wurden von vielen katholischen Wissenschaftlern, insbesondere deutscher Sprache, in zahlreichen Werken erläutert und im vielfältigen Bemühen eifriger Seelsorger und verantwortungsbewußter Laien dem arbeitenden christlichen Volk vermittelt. Laßt dieses geistige Erbe gläubiger Vorkämpfer im Bereich der sozialen Frage nicht kläglich verkümmern, sondern sehr konkrete Früchte bringen für die alten und neuen Probleme, die euch bedrängen.

In der Mitte aller Überlegungen in der Welt der Arbeit und der Wirtschaft muß immer der Mensch stehen. Bei aller geforderten Sachgerechtigkeit muß doch stets die Achtung vor der unantastbaren Würde des Menschen bestimmend sein, nicht nur des einzelnen Arbeiters, sondern auch ihrer Familien, nicht nur der Menschen von heute, sondern auch der kommenden Generationen.

Von diesem Grundsatz, der noch viel mehr Umdenken von uns verlangt als bisher, fällt auch Licht auf die Behandlung von Problemen in eurem Land, die ich hier zwar nur kurz streifen kann, die mir aber doch sehr gegenwärtig sind.

Ich denke da zum Beispiel an diejenigen, deren Arbeitsplatz gefährdet ist oder die ihn verloren haben. Strukturelle Umgruppierungen mögen sich nach genauester Prüfung als notwendig erweisen, und je ehrlicher gesehen, desto besser. Niemals jedoch dürfen dabei Arbeiter, die viele Jahre ihr Bestes gegeben haben, die allein Leidtragenden sein! Steht solidarisch zusammen und helft ihnen, wieder eine sinnerfüllte Tätigkeit zu finden. Dafür habt ihr schon ermutigende Beispiele gegeben.

Ich denke an die Arbeiter aus anderen Ländern, die ihr herbeigerufen habt und die zusammen mit euch das geschaffen haben, dessen ihr euch heute erfreut. In den anstehenden Problemen wird euer Verantwortungsbewußtsein Lösungen suchen, die ihr menschliches Empfinden nicht verletzen und dem geistigen Wohl ihrer Familien gerecht werden.

Noch weitere und tiefgreifendere Probleme ergeben sich daraus, daß wir immer häufiger an Grenzen des wirtschaftlichen Wachstums stoßen. Selbst wenn wir es nicht wollten, werden wir durch die Entwicklung gezwungen, vom Anspruchsdenken abzurücken und auf manches zu verzichten, um die begrenzten Güter mit möglichst vielen Menschen friedlich zu teilen. Wenn das soziale Klima sich zu verhärten beginnt, so sind die kommenden Veränderungsprozesse nur in sachlicher Auseinandersetzung und in solidarischem Zusammenwirken aller zu bewältigen.

4. Bei der Betrachtung dieser wichtigen Probleme im Blick auf die Gerechtigkeit und das umfassende soziale Wohlergehen dürfen wir uns jedoch keinesfalls einschließen in die Grenzen eines Landes, einer Gemeinschaft von Ländern oder auch nur eines Kontinentes. Die soziale Frage hat heute eine weltweite menschliche Dimension. Das geht auch deutlich hervor aus den Lehräußerungen der letzten Päpste ”Mater et Magistra“, ”Populorum Progressio“ und des Zweiten Vatikanischen Konzils. Wenn man oft sagt, daß in dieser Hinsicht eine Spannung zwischen West und Ost besteht, so ist doch die Spannung zwischen Nord und Süd nicht weniger bedeutsam. Unter ”Nord“ versteht man die Zone reicher Länder, die in einem gewissen Überfluß an Gütern leben. ”Süd“, insbesondere die sogenannte Dritte Welt, meint jene Zone von Ländern, deren Völker in wirtschaftlicher Hinsicht oft unterentwickelt sind, ein karges Leben fristen oder gar bitterstem Hunger bis zum Sterben ausgesetzt sind.

Als Staatsbürger habt ihr die Pflicht, ein politisches Klima herbeizuführen, welches den Staat, ja überhaupt die reichen Staaten instand setzt, in allen erforderlichen Formen jenen benachteiligten und nicht selten ausgebeuteten Ländern wirksame Entwicklungshilfe zu leisten.

Als Katholiken habt ihr in euren großen Hilfswerken eure weltweite Mitverantwortung in beispielhafter Weise seit vielen Jahren in wachsendem Maße wahrzuehmen begonnen. Laßt in euren Anstrengungen nicht nach! Laßt vielmehr euer Herz noch tiefer ansprechen von der oft verzweifelten Not jener Länder! Als oberster Hirte der Kirche, auf dessen Schultern eine unmittelbare Verantwortung auch für jene Länder lastet, möchte ich euch bei dieser Gelegenheit auch im Namen jener Armen und Ärmsten für eure Mühen und Opfer ganz herzlich danken.

Inbesondere danke ich heute allen Gläubigen eures Landes für euer jüngstes Zeichen hochherziger Solidarität, nämlich für die anläßlich meines Pastoralbesuches bei euch durchgeführte Kollekte zur Behebung bitterster Not in der Sahelzone im mittleren Afrika.

Diese weltweite Dimension der sozialen Frage ist ein Appell an unser menschliches und christliches Gewissen; sie wird das letzte Viertel dieses Jahrhunderts mehr und mehr prägen. Die Suche nach Lösungen seitens aller Menschen guten Willens und das Apostolat aller Christen muß in wachsendem Maße in diese weltweite Dimension hineinwachsen. Im Namen des Evangeliums! Und zugleich im Namen menschlicher Solidarität!

5. Das soziale Problem in seiner heutigen geschichtlichen Dimension ist für jedes Volk und für die ganze Menschheit eng verbunden mit der zentralen Aufgabe, den Frieden in der Welt zu sichern. ”Iustitia et Pax“, Gerechtigkeit und Frieden! Wie hier das eine vom anderen abhängt, hat uns Papst Johannes XXIII. in seiner Enzyklika ”Pacem in Terris“ gezeigt. An sie müssen wir heute wieder denken, wenn uns die Liturgie an die Worte Christi über ”Kriege und Unruhen“ erinnert: ”Ein Volk wird sich gegen das andere erheben und ein Reich gegen das andere. Es wird gewaltige Erdbeben und an vielen Orten Seuchen und Hungersnöte geben; schreckliche Dinge werden geschehen, und am Himmel wird man gewaltige Zeichen sehen“.

Diese Worte stammen aus der ”eschatologischen“ Rede nach Lukas. Christus zählt die verschiedenen Zeichen für das ”Dahinschwinden der Welt in Schmerzen“ auf; sie wiederholen sich beständig in der Geschichte. Darum fügt er hinzu: ”Und wenn ihr von Kriegen und Unruhen hört, laßt euch dadurch nicht erschrecken! Denn das muß als erstes geschehen; aber das Ende kommt noch nicht sofort“.

Erinnern wir uns noch deutlich an die abscheulichen Greuel des Zweiten Weltkriegs, besonders wir, Söhne und Töchter der europäischen Völker. Erinnern wir uns jener Zeit furchtbarer Zerstörungen, unbeschreiblicher Leiden, der Schändung und Mißachtung des Menschen. Das darf sich niemals wiederholen in den Generationen unserer Kinder und Enkel, niemals mehr unter Menschen, weder in unserem Kontinent noch anderswo.

Unaufhörlich wollen wir Gott bitten, daß diese furchtbare Lektion der Geschichte allen in der Welt die Achtung der Rechte jedes einzelnen Menschen und jedes einzelnen Volkes einschärfe. Wie wichtig ist das in unserem alten Kontinent! Die Sorge um den Frieden darf niemals in der Erfüllung unseres christlichen Auftrags fehlen, darf niemals fehlen in den Anstrengungen aller Menschen guten Willens, vor allem derer, die hier besondere Verantwortung tragen.

Wir hoffen, daß die Sorge um den Frieden alle Verantwortlichen dazu bewegt, einen ständigen Dialog über die verschiedenen Probleme zu suchen - mögen diese auch noch so schwerwiegend und komplex sein -, um dadurch den so ersehnten Frieden von Tag zu Tag mehr zu festigen. Wie könnten wir nicht zugleich wünschen, daß auch das in Madrid stattfindende Treffen über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa mit dazu beitragen möge, den Frieden zu stärken in voller Achtung der Rechte eines jeden Menschen und eines jeden Volkes, einschließlich der Religionsfreiheit, auf der Grundlage der in der Schlußakte von Helsinki anerkannten Prinzipien.

Möge die wirksame Anwendung dieses berechtigten Kriteriums der Rechte des Menschen und der Rechte der einzelnen Völker aus dem Leben der Menschheit jede Form von Imperialismus, Aggression, Herrschaft, Ausbeutung und Kolonialismus verbannen!

Das sage ich auch als Sohn einer Nation, die jahrhundertelang sehr viel gelitten hat und diese Rechte des Menschen und des Volkes mit aller Entschiedenheit zu verteidigen gezwungen war.

Seht da den Segensruf der heutigen Liturgie mit den Worten des Propheten Maleachi: Aufgehen möge ”die Sonne der Gerechtigkeit“, und ihre Strahlen mögen Heilung bringen für alle!

6. Im heutigen Evangelium sagt Christus auch: ”Gebt acht, daß man euch nicht irreführt! Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin es! und: Die Zeit ist da. - Lauft ihnen nicht nach!“.

Liebe Brüder und Schwestern! Wir bitten euch: Steht unerschütterlich fest in der Wahrheit des Evangeliums! Geht in seinem Licht die Wege der Gerechtigkeit und des Friedens! Niemand soll uns irreführen!

Christus sagt weiter: ”Man wird euch festnehmen und euch verfolgen. Man wird euch um meines Namens willen den Gerichten der Synagogen übergeben, ins Gefängnis werfen und vor Könige und Statthalter bringen“.

Liebe Brüder und Schwestern! Beten wir für alle Menschen in der Welt! Beten wir insbesondere für unsere Brüder im Glauben, deren Rechte verletzt werden! Beten wir für jene, die Unterdrückung erleiden, denen verweigert wird, was sich aus dem Prinzip der Gewissens- und Religionsfreiheit ergibt, wo immer das sein mag auf dem weiten Erdenrund...

Christus sagt schießlich: ”Nehmt euch fest vor, nicht im voraus für eure Verteidigung zu sorgen; denn ich werde euch die Worte und die Weisheit eingeben, so daß alle eure Gegner nicht dagegen ankommen und nichts dagegen sagen können. Sogar eure Eltern und Geschwister, eure Verwandten und Freunde werden euch ausliefern, und manche von euch wird man töten. Und ihr werdet um meines Names willen von allen gehaßt werden. Und doch wird euch kein Haar gekrümmt werden. Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen“.

Liebe Brüder und Schwestern! Denken wir an alle, auch an eure Landsleute, die in heldenhafter Weise diesem Wort unseres Erlösers und Meisters die Treue gehalten haben! Beten wir, daß wir alle treu bleiben! Bitten wir den Herrn, daß er uns immer seinen Geist der Stärke schenke, besonders in Stunden und Zeiten der Prüfung! Und daß wir Tag für Tag Zeugnis ablegen für ihn!

7. Christus sagt: ”Dann werdet ihr Zeugnis ablegen können“. Danken wir für diese Worte. Danken wir für diese außerordentliche Gelegenheit, Zeugnis ablegen zu dürfen für ein Evangelium des Friedens und der Gerechtigkeit, hier in Mainz, nahe beim Grab des großen Vorkämpfers und Apostels dieses Evangeliums, des Bischofs Wilhelm Emmanuel von Ketteler.

Daß euch allen, die ihr dem Namen des Herrn die Ehre gebt, für immer die Sonne der Gerechtigkeit aufgehe und Heilung zuteil werde in ihren Strahlen. Amen.

On this happy occasion I wish to extend a word of greeting and gratitude to the members of the American community present here today. Your collaboration in preparing for this gathering is deeply appreciated. I pray that the Spirit of God will give you in abundance the justice, peace and joy that constitute the Kingdom of God. And on our part, dear brothers and sisters, let us all, in the words of Saint Paul, “make it our aim to work for peace and to strengthen one another”. And may the love of God abide always in your hearts."

Słowa Papieża Świętego Jana Pawła II do Polskich Emigrantów
Moguncja, 16 listopada 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"Drodzy Rodacy,
Umiowani Bracia i Siostry,
1. Dzikuj boej Opatrznoci i ludziom, e w czasie tej mojej pielgrzymki po niemieckiej ziemi mog si spotka z wami którym tu w Niemczech wypado y i pracowa, tworzy histori wasn, rodziny, kraju i tworzy równoczenie histori zbawienia. Ta historia Chrystusowych dróg do czowieka i ludzich dróg do Boga decyduje o czowieku i w niej dopiero czowiek w peni odnajduje siebie i odczytuje warto i moliwoci swojego serca i znale waciwe miejsce w wiecie.

Te wanie Boe drogi zbawienia, pragniemy odnajdywa wci na nowo w czasie tej pielgrzymki razem z Kocioem w Niemczech, z jego Pasterzami i wiernymi, z naszymi brami we wierze w Chrystusa, a take z wszystkimi ludmi dobrej woli.

2. Stojc przed tysicletni katedr w Moguncji, która przez wieki cae bya miejscem koronacyjnym cesarzy i królów, jak katedr na Wawelu w Krakowie, nie mona nie myle o caym dugim procesie ksztatowania si wspóycia ludów w chrzecijaskiej Europie; zwaszcza gdy na widowni dziejów rodziy si do samodzielnego bytu nowe Narody i nowe pastwa, które za wielk niejednokrotnie cen zdobyway wasne miejsce w Europie, w wiecie i w historii.

Znamy ten proces, jego blaski i cienie i wiemy, e nie by i nie jest atwy. Wiemy, e geograficzna blisko, ssiedztwo powinno i moe by bogosawiestwem, ale jak wszystko co ludzkie, moe sta si take przeklestwem. Skoro tak jest, znaczy to, e jest ono przede wszystkim zadaniem, zadaniem stojcym zarówno przed poszczególnymi ludmi, jak i caymi narodami. Tak to rozumia ju drugi historyczny wadca Polski, król Bolesaw Chrobry, który przez przymierze z Cesarzem Ottonem III wprowadzi Polsk jako równoprawnego czonka aciskiej spoecznoci chrzecijaskiej w Europie.

3. Tylko ludzie wici mog budowa trwae pomosty midzy narodami, bo tylko wici opieraj swoje dziaanie na mioci, na umiowaniu czowieka, bo buduj swoje ycie i przyszo na Bogu. “Mioc jest z Boga, a kady kto miuje narodzi si z Boga... bo Bóg jest mioci”. Tylko to, co zbudowane jest na Bogu, na mioci, jest trwae, jak wiadczy o tym chociaby do dzi czczony grób witej Jadwigi w Trzebnicy, Patronki pojednania. Gdy jednka miejsce wierzcych i witych zajmuj ludzie bez Boga, wówczas prawem staje si egoizm i nienawi, co ptwierdza póniejsza historia wspóycia midzy narodami niemieckim i polskim.

4. Poród biegu historii, tworzcych si wypadków, politycznych decyzji, wrogoci czy przyjani, wród tego wszystkiego s konkretni ludzie, którzy pragn y, rozwija si, zachowa swoj tosamo, prawa, wolno, wiar, godno i o nich przede wsystkim myl w czasie tego spotkania.

W ubiegym wieku wielu Polaków przyjechao do Niemiec z racji ekonomicznych. Swoj trudn, mozoln prac przyczyniali si oni do gospodarczego wzrostu kraju, który da im prac i chleb.

Po pierwszej wojnie i odzyskaniu przez Polsk niepodlegoci wielu z nich pozostao no swoich miejscach. Na ziemiach za przygranicznych pozostaa dua liczba mieszkajcych tam Polaków.

Zorganizowali si oni we wspólny zwizek kulturalny polski, majcy na celu kultywowanie chrzecijaskich i polskich tradycji i kultury.

Na pewno na obecnym spotkaniu s obecni Ci, którzy w okresie midzywojennym byli czonkami zespoów piewaczych, teatrów amatorskich, szkóek, rónego rodzaju organizacji religijnych, które pogbiay wiar, mio Boga i mio macierzystej kultury. Na czele tych organizacji prawie zawsze stali Ksiea troszczcy si o to wanie harmonijne wspóycie i chrzecijask wi mioci. Nie byo to ycie atwe.

Moe Wy sami, czy Wasi ojcowie bylicie, lub oni byli poddani niejednemu upokorzeniu z powodu swojej religijnei czy narodowej postawy, nie jedno musieli wycierpie.

5. Wypadki ostatniej wojny powanie zaciyy na wspóyciu narodów. Wiele przyniosy cierpie, krywdy i nieszcz. Sprawiy one, e po zakoczeniu dziaa wojennych na terenie Niemiec znalazo si prawie dwa miliony Polaków. Jedni przeszli gehenn obozow, inni byli wyczerpani nadmiern prac, inni jeszcze przygnani tu przez wypadki wojenne nie mogli z rónych powodów wróci do Ojczyzny. Nie poddali si oni jednak rozpaczy. Mimo trudnych przej i przey, mimo cizkiej sytuacji materialnej w wyniku zniszcze wojennych, natychmiast si organizowali.

Jest to ogromna zasuga polskich kapanów. Wyniszczeni obozami, zaraz po uwolnieniu szli organizowa ycie religijne dla swoich rodaków. Trzeba byo po cikich wojennych dóswiadczeniach na nowo odbudowywa wiar w Boga i wiar, w czowieka. Trzeba bylo na nowo budowa zaufanie do czowieka, wiar we wasn ludzk godno. A mona to byo uczyni jedynie w oparciu o Chrystusa, bo tylko na Jego nauczaniu, na chrzecijaskiej etyce mioci, nawrócenia i przebaczenia mona budowa przyszo i nowe midzyludzkie wspóycie. I jest ogromn zasug wanie tych kapanów, byych Kacetowców, e wielu wrócio do normalnego ycia, nie zaamao si w trudnym pod kadym wzgldem okresie powojennym i odnalazo na nowo wiar, godno i mio.

6. Wy wszyscy, bez wzgldu na okolicznoci i czas przybycia, tu piszecie Wasz histori, tu prowadzicie dialog z Bogiem, z czowiekiem, ze wiatem. Pragniecie by penowartociowymi obywatelami i przyczynia si do wszechstronnego rozwoju kraju, w którym yjecie. Pragniecie zapewni jak najlepsz przyszo Waszym dzieciom i wnukom. Tu kady z Was wyciska i pozostawia niepowsarzalny lad swojego istnienia, swojego ycia, swojej wiary, swoich decyzji. Musi wic chroni, odczytywa i rozwija to, co iest w nim, wewntrz, to co wypisane w jego sercu, musi pamita o glebie, o dziedzictwie, z którego wyrasta, które go ksztatowao i stanowi integraln cz jego psychiki, jego osobowoci.

W tym te duchu wypowiadaj si Biskupi europejscy w ordziu skierowanym do wiata z okazji jubileuszowego roku witego Benedykta, Patrona Europy. Czytamy tam midzy innymi: “Wolno i sprawiedliwo wymagaj, aby ludzie i narody mogy rozwija swoje odrbnoci. Kady naród, kada mniejzo etniczna posiada wasn tosamo, wasn tradycj i kultur. Te szczególne wartoci maj wielkie znaczenie dla ludzkiego postpu i pokoju”.

Take Prawda objawiona, Ewangelia dociera do czowieka w oprawie pewnej kultury. Istnieje wic niebezpieczestwo, e zatracenie odziedziczonych wartoci kulturowych moe w konsekwencji doprowadzi do utraty wiary, zwaszcza jeeli nowe wartoci kulturowe, które si w nowym otoczeniu przyjmuje, pozbawione s tego chrzecijaskiego charakteru, którym cechowaa si kultura rodzima.

7. Istnieje jeszcze inne niebezpieczestwo, by zakadajac nowe ycie, w odmiennych warunkach cywilizacyjnych, nie zapatrze si bezkrytycznie i nie pozwoli si wchon cywilizacji technicznej z równoczesnym naraeniem wiary, ycia wewntrznego, zdolnoci kochania, sowem, tego wszystkiego, co decyduje o czowieczestwie, o penych wymiarach czowieka, o jego powolaniu.

Wanie oparcie o tradyci, kultur, która tak jak polska kultura przesiknita jest wartociami religijnymi, sprawi, e “egoistyczna cywilizacja i egoistyczna technologia pracy nie bd mogy zredukowa czowieka do roli narzdzia produkcji albo te narzdzia konsumpcji”. O wartoci czowieka ostatecznie decyduje to, kim jest, a nie to, ile ma. J jeeli czowiek zatraci swoj godno, wiar i viadomo narodow tylko dlatego, by wicej mie, to postawa taka musi ostatecznie prowadzi do pogardy samego siebie. Natomiast czowiek wiadomy swej tosamoci pyncej z wiary, z chrzecijaskiej kultury, dziedzictwa ojców i dziadów, zachowa sw godno, znajdzie poszanowanie u innych i bdzie penovartociowyn czonkiem spoeczestwa, w którym wypado mu y.

8. Jedn z gbokich cech polskiej religijnoci jest naboestwo do Matki Najwitszej. Take i tu, w Niemczech, gdziekolwiek osiedlali si Polacy, przynosili w sercu mio Matki i Jej zawierzali swój los. Zaznaczyo si to szczególnie w obecnym powojennym okresie.

Ona, Czarna Madonna z Jasnej Góry, mówi o mioci Boga i przypomina Wam t ziemi, z której wyrastaj Wasze korzenie. Przed Ni modlice si, Jej powierzacie Wasze rodziny, zwaszcza teraz, gdy obraz Czstochowskiej Pani pielgrzymuje po wszystkich orodkach duszpasterstwa polonijnego.

9. Stajc tu dzisiaj wobec Was, nie mog zapomnie, e poprzednie nasze sptkanie miao miejsce we wrzeniu 1978 r. Bylimy tutaj wówczas razem z Ksidzem Prymasem, który przewodniczy delegacji Biskupów polskich na zaproszenie Episkopatu niemieckiego. Punktem centralnym spotkania z Rodakami byo sanktuarium Matki Boej w Neviges. Wszystko to miao miejsce na kilka tygodni zaledwie po wyborze Jana Pawa I. Po ludzku sdzc, nikt nie móg przewidywa, e za niedugo wypadnie mi sta si Jego nastpc na stolicy witego Piotra w Rzymie. Okoliczno ta nadaje szczególne znaczenie caemu tamtemu spotkaniu. I ja je ggoko nosz w pamici i w sercu.

Ale chc sign jeszcze o par lat wstecz. W 1974 roku równie we wrzeniu uczestinczyem we Frankfurcie w zotym jubileuszu kapastwa p. Ksidza Infuata Edwarda Lubowieckiego, który po wyzwoleniu z obozu koncentracyjnego pozosta tutaj naprzód jako wikariusz generalny Arcybiskupa Józefa Gawliny, a pózniej jako Kanoniczny Wizytator Polaków w Niemczech. Pobyt ten zwiza si w mojej pamici z postaci tak przedwczenie zmarego Kardynaa J. Dpfnera, który wspólnie ze mn zechcia koncelebrowa Msz wit Dachau.

Wspominajc posta Ksidza Infuata Lubowieckiego, pragn równoczenie zoy szczególne yczenia bogosawiestwa Boego dla obecnego Rektora Polskiej Misji Katolickiej Ksidza Stefana Leciejewskiego i wszystkich kapanów, sióstr zakonnych oraz najsereczniei powiedzie wszystkim “Szcz Boe”.

Bd Wam zawsze wdziczny za modlitwy.

Z serca udzielam Apostolskiego Bogosawiestwa Wam tu obecnym i tym wszystkim, którzy przyby nie mogli; Waszym Rodzinom i Waszym Bliskim. Serdecznymi uczuciami obejmui Chorych oraz Osoby w podeszym wieku, zwaszcza opuszczone, zapomniane.

Gorco pozdrawiam i bogosawi Modzie i Dzieci.

Mio Boga Ojca, aska Pana naszego Jezusa Chrystusa i dar jednoci w Duchu witym niech bd z Wami wszystkimi."

Ansprache von Papst Johannes Paul II. an den Rat der Evangelischen Kirche
Mainz, 17. November 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender,
verehrte Mitglieder des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland,
liebe Mitchristen!
"Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!". Mit diesem Worten des Völkerapostels grüße ich Sie und alle, die Sie vertreten. Von Herzen danke ich allen, die diese Begegnung im Lande, in dem die Reformation ihren Anfang nahm, ermöglicht haben.

Besonderen Dank schulde ich Ihnen, Herr Ratsvorsitzender, für Ihr hilfreiches Wort, das uns die Dimension dieser Stunde und noch mehr die unserer christlichen Sendung vergegenwärtigt hat. Im Wissen um diese Gegebenheiten dürfen wir - wie einst Paulus - hoffen, daß wir "miteinander Zuspruch empfangen".

Unser Zusammensein in dieser Morgenstunde ist für mich ein tiefgründiges Symbol, so daß ich mit den Worten eines alten Hymnus sprechen möchte: "Das Morgenrot steigt höher schon, wie Morgenrot geh’ Er uns auf; in seinem Vater ganz der Sohn und ganz der Vater in dem Wort". Daß Christus in unserer Mitte und in diesem Lande als das Licht des Lebens und der Wahrheit leuchten möge, ist unser gemeinsamer Wunsch.

Ich erinnere mich in dieser Stunde daran, daß Martin Luther 1510-11 als Pilger, aber auch als Suchender und Fragender zu den Gräbern der Apostelfürsten in Rom kam. Heute komme ich zu Ihnen, zu geistlichen Erben Martin Luthers; ich komme als Pilger. Ich komme, um mit dieser Begegnung in einer gewandelten Welt ein Zeichen der Verbundenheit in den zentralen Geheimnissen unseres Glaubens zu setzen.

Vieles drängt sich bei unserer brüderlichen Begegnung auf, viel mehr als wir in der knappen Zeit und mit unseren begrenzten Kräften zu sagen vermögen. Lassen Sie mich zu Beginn unseres Gespräches vorab zum Ausdruck bringen, was mich besonders bewegt. Ich tue es im Anschluß an das Zeugnis des Römerbriefes, jener Schrift, die für Martin Luther schlechterdings entscheidend war. "Diese Epistel ist das rechte Hauptstück des Neuen Testaments und das allerlauterste Evangelium", schreibt er 1522.

In der Schule des Völkerapostels kann uns bewußt werden, daß wir alle der Umkehr bedürfen. Es gibt kein christliches Leben ohne Buße. "Es gibt keinen echten Ökumenismus ohne innere Bekehrung". "Wir wollen uns nicht gegenseitig richten". Wir wollen aber einander unsere Schuld eingestehen. Auch hinsichtlich der Gnade der Einheit gilt: "Alle haben gesündigt". Das müssen wir in allem Ernst sehen und sagen und unsere Konsequenzen daraus ziehen. Wichtiger ist, daß wir immer tiefer erkennen, welche Konsequenzen der Herr aus dem menschlichen Versagen zieht. Paulus bringt das auf den Nenner: "Wo die Sünde mächtig wurde, ist die Gnade übergroß geworden".

Gott hört nicht auf, "sich aller zu erbarmen". Er schenkt seinen Sohn, er schenkt sich, er schenkt Verzeihung, Rechtfertigung, Gnade, ewiges Leben. Miteinander dürfen wir dies bekennen.

Sie wissen, daß Jahrzehnte meines Lebens von Erfahrungen mit den Herausforderungen des Christentums durch Atheismus und Unglauben geprägt worden sind. Um so deutlicher steht mir vor Augen, was unser gemeinsames Bekenntnis zu Jesus Christus, seinem Wort und Werk in dieser Welt bedeutet und wie wir durch das Gebot der Stunde zur Überwindung unserer noch kirchentrennenden Unterschiede und zum Zeugnis von unserer wachsenden Einheit gedrängt werden.

Jesus Christus ist unser aller Heil. Er ist der eine Mittler. "Ihn hat Gott dazu bestimmt, Sühne zu leisten mit seinem Blut, Sühne, wirksam durch Glauben". Durch ihn haben wir "Frieden mit Gott" und untereinander. Kraft des Heiligen Geistes werden wir seine Geschwister, wahrhaft und wesentlich Kinder Gottes. "Sind wir alle Kinder, dann auch Erben; wir sind Erben Gottes und sind Miterben Christi".

Daß wir dieses miteinander glauben und bekennen, ist bei der Besinnung auf die Confessio Augustana und in zahlreichen Kontakten neu bewußt geworden. Die deutschen Bischöfe haben in ihrem Hirtenwort "Dein Reich komme" (20.1.1980) davon Zeugnis gegeben. Sie haben den katholischen Gläubigen gesagt: ”Freuen wir uns, daß wir nicht nur einen Teilkonsens in einigen Wahrheiten entdecken können, sondern eine Übereinstimmung in zentralen Grundwahrheiten. Das läßt uns die Einheit auch in den Bereichen unseres Glaubens und Lebens erhoffen, in denen wir bis zur Stunde noch getrennt sind".

Alle Dankbarkeit für das uns Verbleibende und uns Verbindende darf uns nicht blind machen für das, was immer noch trennend zwischen uns steht. Wir müssen es möglichst miteinander ins Auge fassen, nicht um Gräben zu vertiefen, sondern um sie zu überbrücken. Wir dürfen es nicht bei der Feststellung belassen: "Also sind und bleiben wir ewiglich geschieden und wider einander".

Miteinander sind wir gerufen, im Dialog der Wahrheit und der Liebe die volle Einheit im Glauben anzustreben. Erst die volle Einheit gibt uns die Möglichkeit, uns eines Sinnes und eines Glaubens an dem einen Tisch des Herrn zu versammeln. Um was es bei diesem Bemühen vor allem geht, können wir uns von Luthers Römerbriefvorlesungen 1516-1517 sagen lassen. Er lehrt, daß der "Glaube an Christum, durch den wir gerechtfertigt werden, nicht allein darinnen besteht, daß man an Christus oder genauer an die Person Christi, sondern an das glaubt, was Christi ist". "Wir müssen an ihn glauben und an das, was sein ist". Auf die Frage: "Was ist denn dies?" verweist Luther auf die Kirche und ihre authentische Verkündigung. Wenn es bei den Dingen, die zwischen uns stehen, lediglich um die "von Menschen eingesetzten kirchlichen Ordnungen" ginge, könnten, müßten die Schwierigkeiten alsbald ausgeräumt sein. Nach katholischer Überzeugung betrifft der Dissens das, "was Christi ist", "was sein ist"; seine Kirche und ihre Sendung, ihre Botschaft und ihre Sakramente sowie die Ämter, die in den Dienst von Wort und Sakrament gestellt sind. Der seit dem Konzil geführte Dialog hat uns diesbezüglich ein gutes Stück weitergeführt. Gerade in Deutschland ist mancher wichtige Schritt getan worden. Das kann uns zuversichtlich machen angesichts der noch unbewältigten Probleme.

Wir müssen im Gespräch und Kontakt bleiben. Die Fragen, die wir miteinander anzusprechen haben, fordern ihrer Natur nach noch eine umfassendere Behandlung, als sie hier und heute möglich ist. Ich hoffe, daß wir gemeinsam Wege finden, unser Gespräch fortzusetzen. Gewiß werden die deutschen Bischöfe und die Mitarbeiter des Sekretariates für die Einheit der Christen dabei mithelfen.

Wir dürfen nichts unversucht lassen. Wir müssen tun, was eint. Wir schulden es Gott und der Welt.

"Laßt uns nach dem streben, was dem Frieden und dem Aufbau dient!". Jeder von uns muß sich mit Paulus sagen: "Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde". Wir sind gerufen, Zeugen des Evangeliums, Zeugen Christi zu sein. Seiner Botschaft entspricht, daß wir gemeinsam Zeugnis geben. Lassen Sie mich wiederholen, was ich am 25. Juni dieses Jahres anläßlich des Confessio-Augustana-Jubiläums gesagt habe: "Der Wille Christi und die Zeichen der Zeit drängen uns zu einem gemeinsamen Zeugnis in wachsender Fülle der Wahrheit und Liebe".

Groß und schwer sind die Aufgaben, die vor uns liegen. Wären wir allein auf unsere Kraft angewiesen, müßten wir verzweifeln. Gott sei Dank hilft "der Geist unserer Schwachheit auf". Im Vertrauen auf ihn können wir unser Gespräch fortsetzen, können wir die Taten angehen, die von uns gefordert sind. Lassen Sie uns mit dem wichtigsten Gespräch, mit der notwendigsten Tat beginnen, lassen Sie uns beten! Angesichts der unfaßbaren Gnade Gottes beten wir mit dem Völkerapostel:

"O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unergründlich sind seine Entscheidungen, wie unerforschlich seine Wege! Denn wer hat die Gedanken des Herrn erkannt?

Oder wer ist sein Ratgeber gewesen? Wer hat ihm etwas gegeben, so daß Gott ihm etwas zurückgeben müßte? Denn aus ihm und durch ihn und auf ihn hin ist die ganze Schöpfung. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen"."

Ansprache von Papst Johannes Paul II. an die Vertreter anderer Christlicher Konfessionen
Mainz, 17. November 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"Verehrte Brüder in Christus!
"Seht doch, wie gut und schön es ist, wenn Brüder miteinander in Eintracht wohnen". Können wir in dieser Stunde nicht alle die Wahrheit dieses Psalmwortes neu erfahren? Wir haben uns zusammengefunden als Brüder im Herrn. Brüderschaft ist für uns kein leeres Wort und kein flüchtiger Traum; sie ist beglückende Wirklichkeit - hier und heute und überall, wo Christen ihrem Herrn gehorchen und nachfolgen. Die Gnade Gottes verbindet uns mit ihm und untereinander. Mit dem II. Vatikanischen Konzil dürfen wir die Zuversicht haben, daß diese "brüderliche Verbindung zwischen allen Christen" es ist, "die schließlich nach dem gnädigen Willen Gottes zur vollen und vollkommenen Einheit führt". Wir alle sind dazu bestimmt, uns in der einen "Familia Dei" zusammenzufinden; wir sind gerufen, "dem Heil und der Erneuerung aller Kreatur zu dienen, damit alles in Christus zusammengefaßt werde und in ihm die Menschen eine einzige Familie und ein einziges Gottesvolk finden".

Alle Freude über unsere Begegnung, über unsere Berufung und Sendung darf uns nicht vergessen lassen, wie wenig wir der Gnade Gottes entsprochen haben und entsprechen. Trotz unserer tiefen Verbundenheit sind wir faktisch in vielem getrennt.

Unser Zusammensein in Ihrem deutschen Vaterland konfrontiert uns mit dem Geschehen der Reformation. Wir müssen an das denken, was ihr vorausging und was seither geschehen ist.

Weichen wir den Fakten nicht aus, dann wird uns bewußt, daß menschliches Verschulden zu der unheilvollen Trennung der Christen geführt hat und daß unser Versagen immer wieder Schritte zur Einheit behindert, die möglich und nötig sind. Nachdrücklich mache ich mir zu eigen, was mein Vorgänger Hadrian VI. 1523 auf dem Reichstag zu Nürnberg bekannt hat: "Gewiß ist die Hand des Herrn nicht verkürzt, daß er uns nicht retten konnte, aber die Sünde scheidet, uns von ihm...

Wir alle, Prälaten und Geistliche, sind vom Weg des Rechtes abgewichen, und es gab lange keinen einzigen, der Gutes tat. Deshalb müssen wir alle Gott die Ehre geben und uns vor ihm demütigen.

Ein jeder von uns soll betrachten, weshalb er gefallen, und sich lieber selbst richten, als daß er von Gott am Tage seines Zorns gerichtet werde“. Mit dem letzten deutschen, beziehungsweise niederländischen Papst sage ich: "Die Krankheit ist tief eingewurzelt und vielgestaltig; es muß daher Schritt für Schritt vorangegangen und zuerst den schwersten und gefährlichsten Übeln durch rechte Arzneien begegnet werden, um nicht durch eine übereilte Reform alle Dinge noch mehr zu verwirren". Heute wie damals ist die Erneuerung des christlichen Lebens der erste und wichtigste Schritt zur Einheit. ”Es gibt keinen echten Ökumenismus ohne innere Bekehrung“.

Beim Bemühen um Erneuerung und Vereinigung kann vieles von dem helfen, was in Ihrem Vaterland in ökumenischer Hinsicht geschehen ist. Dazu zählen das Zusammenfinden der Getrennten in den Jahren gemeinsam erlittener Not und Bedrängnis, das Martyrium jener, die ihr Leben für die Einheit in Christus geopfert haben, die jahrzehntelange, weithin gemeinsame wissenschaftliche Bemühung um die christliche Einheit, die gemeinsam erarbeitete Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, die regelmäßigen offiziellen Kontakte miteinander, die immer wieder unternommenen Anstrengungen, sich gemeinsam den Herausforderungen unserer Zeit zu stellen, die von ökumenischem Geist getragene Besinnung auf Intention und Zeugnis der "Confessio Augustana" und die Feier ihres 450-jährigen Jubiläums, der Zusammenschluß in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen "zu gemeinsamen Zeugnis und Dienst".

Von Herzen sei Gott für dies alles gedankt! Er verleihe allen Kraft und Mut, nicht nachzulassen im vielfältigen Bemühen um die volle Einheit! Er gebe, daß die gute Saat aufgeht und reiche Frucht bringt!

Gewiß wird Entscheidendes davon abhängen, daß wir uns immer mehr "zu gemeinsamem Zeugnis und Dienst" zusammenschließen. Die Einheit der Kirche gehört unabdingbar zu ihrem Wesen. Sie ist kein Selbstzweck. Der Herr gibt sie, "damit die Welt glaubt". Lassen wir nichts unversucht, um miteinander zu bezeugen, was uns in Jesus Christus gegeben ist. Er ist der eine "Mittler zwischen Gott und den Menschen". "In keinem anderen ist das Heil zu finden". Alle Schritte zur Mitte verpflichten und stärken uns zugleich, die notwendigen Schritte hin zu allen unseren Schwestern und Brüdern zu wagen. Wie die Liebe des Herrn kennt auch der rechte Dienst in seiner Nachfolge keine Schranken. Er betrifft alle Dimensionen der menschlichen Existenz und alle Bereiche unserer Zeit. Setzen wir uns miteinander ein ”für die Aufgabe, der menschlichen Person zu ihrer wahren Würde zu verhelfen, für die Förderung des Friedens, für die Anwendung des Evangeliums auf die sozialen Fragen, für die Pflege der Wissenschaft und Kunst aus christlichem Geiste wie auch für die Bereitstellung von Heilmitteln aller Art gegen die Nöte unserer Zeit, wie gegen Hunger und Katastrophen, gegen Analphabetismus und die Armut, gegen die Wohnungsnot und die ungerechte Verteilung der Güter“.

Indem ich an diese Aufforderung des Ökumenismusdekrets erinnere, möchte ich zugleich auf seine letzten Worte verweisen. Im Wissen, daß die "Wiederversöhnung aller Christen in der Einheit der einen und einzigen Kirche Christi die menschlichen Kräfte und Fähigkeiten übersteigt", hat das Konzil ”seine Hoffnung gänzlich auf das Gebet Christi für die Kirche (gesetzt), auf die Liebe des Vaters zu uns und auf die Kraft des Heiligen Geistes. "Die Hoffnung aber wird nicht zuschanden: Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unseren Herzen durch den Heiligen Geist, der uns geschenkt ist".

Laßt uns beten: Herr, gib uns die Kraft der Hoffnung, das Feuer der Liebe, das Licht des Glaubens! Laßt uns gemeinsam beten, wie der Herr uns zu beten gelehrt hat:

"Vater unser im Himmel, / geheiligt werde dein Name. / Dein Reich komme. / Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. / Unser tägliches Brot gib uns heute. / Und vergib uns unsere Schuld, / wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. / Und führe uns nicht in Versuchung, / sondern erlöse uns von dem Bösen. / Denn dein ist das Reich und die Kraft / und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen"."

(copy 1)

Ansprache von Papst Johannes Paul II. an die Vertreter anderer Christlicher Konfessionen
Mainz, 17. November 1980 - also in Italian, Portuguese & Spanish

"Verehrte Brüder in Christus!
"Seht doch, wie gut und schön es ist, wenn Brüder miteinander in Eintracht wohnen". Können wir in dieser Stunde nicht alle die Wahrheit dieses Psalmwortes neu erfahren? Wir haben uns zusammengefunden als Brüder im Herrn. Brüderschaft ist für uns kein leeres Wort und kein flüchtiger Traum; sie ist beglückende Wirklichkeit - hier und heute und überall, wo Christen ihrem Herrn gehorchen und nachfolgen. Die Gnade Gottes verbindet uns mit ihm und untereinander. Mit dem II. Vatikanischen Konzil dürfen wir die Zuversicht haben, daß diese "brüderliche Verbindung zwischen allen Christen" es ist, "die schließlich nach dem gnädigen Willen Gottes zur vollen und vollkommenen Einheit führt". Wir alle sind dazu bestimmt, uns in der einen "Familia Dei" zusammenzufinden; wir sind gerufen, "dem Heil und der Erneuerung aller Kreatur zu dienen, damit alles in Christus zusammengefaßt werde und in ihm die Menschen eine einzige Familie und ein einziges Gottesvolk finden".

Alle Freude über unsere Begegnung, über unsere Berufung und Sendung darf uns nicht vergessen lassen, wie wenig wir der Gnade Gottes entsprochen haben und entsprechen. Trotz unserer tiefen Verbundenheit sind wir faktisch in vielem getrennt.

Unser Zusammensein in Ihrem deutschen Vaterland konfrontiert uns mit dem Geschehen der Reformation. Wir müssen an das denken, was ihr vorausging und was seither geschehen ist.

Weichen wir den Fakten nicht aus, dann wird uns bewußt, daß menschliches Verschulden zu der unheilvollen Trennung der Christen geführt hat und daß unser Versagen immer wieder Schritte zur Einheit behindert, die möglich und nötig sind. Nachdrücklich mache ich mir zu eigen, was mein Vorgänger Hadrian VI. 1523 auf dem Reichstag zu Nürnberg bekannt hat: "Gewiß ist die Hand des Herrn nicht verkürzt, daß er uns nicht retten konnte, aber die Sünde scheidet, uns von ihm...

Wir alle, Prälaten und Geistliche, sind vom Weg des Rechtes abgewichen, und es gab lange keinen einzigen, der Gutes tat. Deshalb müssen wir alle Gott die Ehre geben und uns vor ihm demütigen.

Ein jeder von uns soll betrachten, weshalb er gefallen, und sich lieber selbst richten, als daß er von Gott am Tage seines Zorns gerichtet werde“. Mit dem letzten deutschen, beziehungsweise niederländischen Papst sage ich: "Die Krankheit ist tief eingewurzelt und vielgestaltig; es muß daher Schritt für Schritt vorangegangen und zuerst den schwersten und gefährlichsten Übeln durch rechte Arzneien begegnet werden, um nicht durch eine übereilte Reform alle Dinge noch mehr zu verwirren". Heute wie damals ist die Erneuerung des christlichen Lebens der erste und wichtigste Schritt zur Einheit. ”Es gibt keinen echten Ökumenismus ohne innere Bekehrung“.

Beim Bemühen um Erneuerung und Vereinigung kann vieles von dem helfen, was in Ihrem Vaterland in ökumenischer Hinsicht geschehen ist. Dazu zählen das Zusammenfinden der Getrennten in den Jahren gemeinsam erlittener Not und Bedrängnis, das Martyrium jener, die ihr Leben für die Einheit in Christus geopfert haben, die jahrzehntelange, weithin gemeinsame wissenschaftliche Bemühung um die christliche Einheit, die gemeinsam erarbeitete Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, die regelmäßigen offiziellen Kontakte miteinander, die immer wieder unternommenen Anstrengungen, sich gemeinsam den Herausforderungen unserer Zeit zu stellen, die von ökumenischem Geist getragene Besinnung auf Intention und Zeugnis der "Confessio Augustana" und die Feier ihres 450-jährigen Jubiläums, der Zusammenschluß in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen "zu gemeinsamen Zeugnis und Dienst".

Von Herzen sei Gott für dies alles gedankt! Er verleihe allen Kraft und Mut, nicht nachzulassen im vielfältigen Bemühen um die volle Einheit! Er gebe, daß die gute Saat aufgeht und reiche Frucht bringt!

Gewiß wird Entscheidendes davon abhängen, daß wir uns immer mehr "zu gemeinsamem Zeugnis und Dienst" zusammenschließen. Die Einheit der Kirche gehört unabdingbar zu ihrem Wesen. Sie ist kein Selbstzweck. Der Herr gibt sie, "damit die Welt glaubt". Lassen wir nichts unversucht, um miteinander zu bezeugen, was uns in Jesus Christus gegeben ist. Er ist der eine "Mittler zwischen Gott und den Menschen". "In keinem anderen ist das Heil zu finden". Alle Schritte zur Mitte verpflichten und stärken uns zugleich, die notwendigen Schritte hin zu allen unseren Schwestern und Brüdern zu wagen. Wie die Liebe des Herrn kennt auch der rechte Dienst in seiner Nachfolge keine Schranken. Er betrifft alle Dimensionen der menschlichen Existenz und alle Bereiche unserer Zeit. Setzen wir uns miteinander ein ”für die Aufgabe, der menschlichen Person zu ihrer wahren Würde zu verhelfen, für die Förderung des Friedens, für die Anwendung des Evangeliums auf die sozialen Fragen, für die Pflege der Wissenschaft und Kunst aus christlichem Geiste wie auch für die Bereitstellung von Heilmitteln aller Art gegen die Nöte unserer Zeit, wie gegen Hunger und Katastrophen, gegen Analphabetismus und die Armut, gegen die Wohnungsnot und die ungerechte Verteilung der Güter“.

Indem ich an diese Aufforderung des Ökumenismusdekrets erinnere, möchte ich zugleich auf seine letzten Worte verweisen. Im Wissen, daß die "Wiederversöhnung aller Christen in der Einheit der einen und einzigen Kirche Christi die menschlichen Kräfte und Fähigkeiten übersteigt", hat das Konzil ”seine Hoffnung gänzlich auf das Gebet Christi für die Kirche (gesetzt), auf die Liebe des Vaters zu uns und auf die Kraft des Heiligen Geistes. "Die Hoffnung aber wird nicht zuschanden: Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unseren Herzen durch den Heiligen Geist, der uns geschenkt ist".

Laßt uns beten: Herr, gib uns die Kraft der Hoffnung, das Feuer der Liebe, das Licht des Glaubens! Laßt uns gemeinsam beten, wie der Herr uns zu beten gelehrt hat:

"Vater unser im Himmel, / geheiligt werde dein Name. / Dein Reich komme. / Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. / Unser tägliches Brot gib uns heute. / Und vergib uns unsere Schuld, / wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. / Und führe uns nicht in Versuchung, / sondern erlöse uns von dem Bösen. / Denn dein ist das Reich und die Kraft / und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen"."